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Büchern und ohne von dem Preise abgelassen zu haben. Der König verweigerte wiederum aus demselben Grunde. Sie kehrte zum dritten Mal mit nur dreien zurück, und der König erstaunt und klüger geworden kaufte sie, aber für den Preis, welcher für die neun gefordert worden. Es war indessen zu spät. Er verlor seinen Thron. Das amerikanische Volk hat einigermassen dieselbe Probe aber mit besserm Erfolge bestanden. Die Gelegenheit sich von der Sklaverei frei zu machen, ist nicht nur drei Mal, sondern mehr als zehn Mal, und jedes Mal mit furchtbareren Hindernissen und grössern Opfern, vom Himmel dargeboten worden. Der Verfasser sagt,, dargeboten" weil das Volk die Gelegenheit

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die Sklaverei mit Gewalt abzuschaffen nicht suchte. Sie wurde ihm von den Rebellen unerwartet und brutal aufgedrungen. Es war gezwungen dieselbe zu benutzen, oder die Republik aufzugeben der immer zunehmenden Hydra entgegenzutreten und sie zu vernichten, oder von ihr vernichtet zu werden.

Der Verfasser hat sich bemüht diese Wahrheit durch eine einfache Darlegung historischer Thatsachen zu beweisen. Er kann sein Erstaunen über die Sympathieen für den Süden nicht verhehlen, so wie über die abgeschmackten Beschuldigungen (alle Thatsachen und alle edle moralischen Fragen ignorirend) gegen Präsident Lincoln und das amerikanische Volk, weil sie den Entschluss gefasst, eine barbarische Rebellion zu unterdrücken und nicht eher nachzulassen, bis sie ihre Aufgabe vollführt hätten.

8. 1. Einleitung.

Der ernste Beobachter kann das Panorama der Geschichte nicht an sich vorübergehen sehen, ohne den fortwährenden Kampf des Guten mit dem Bösen zu erkennen. Eine grosse Schlacht ist immerdar geschlagen worden und leider der Sieg oft auf der Seite des Bösen geblieben. Während ein grosser Theil des menschlichen Geschlechts in Asien, Africa und den Inseln Oceanien's in tiefer Barbarei darnieder lag, ja selbst die aufgeklärten Völker Europa's im Namen, aber selten im Geiste des Christenthums regiert wurden, schien die Entdeckung Amerika's eine Gelegenheit zu bieten, die menschliche Gesellschaft nach weniger selbstsüchtigen Grundsätzen aufzubauen.

Es ist nicht unsere Absicht, eine Geschichte der Vereinigten Staaten zu liefern, sondern einfach in einem kurzen Umriss1) zu zeigen, wie dieser Kampf des Guten mit dem Bösen von der alten Welt in die neue übertragen wurde.

Europäische Ansiedler fanden ein Gebiet vor, welches in einer viel früheren Periode von einem nicht mehr bestehenden Volke bewohnt war, dessen Existenz jedoch alte Ruinen bezeugen, die auf eine viel höhere Cultur, als die der Nordamerikanischen Indianer schliessen lassen. Vielleicht haben die Montezumas oder die Azteks, indem sie sich vor den

1) Wir verweisen den Leser in Betreff einer ausführlicheren Darstellung auf die vortreffliche „Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika“, von Karl Friedrich Neumann. Berlin 1863,

Kriegen mit den wilderen Stämmen nach den sonnigeren Gegenden Mexico's oder Peru's zurückzogen, diese Ruinen hinterlassen. Das Gebiet war mit Wäldern und Prärien bedeckt, von wilden Thieren und vielleicht noch wilderen Menschen bewohnt, welche, obwohl beständig in Krieg mit einander begriffen, doch sich zu vereinigen bereit waren, wo es sich um die Ausrottung der Fremden handelte.

8. 2.

Entdeckungs-Periode.
1497-1697.

Im Jahre 1497, ein Jahr bevor Columbus das Festland von Süd-Amerika entdeckte, wurde Johann Cabot, ein Venetianer, von König Heinrich VII. von England zu einer EntdeckungsEroberungs- und Handelsreise nach dem Westen ausgesandt. Er berührte Labrador und Neufoundland. Im folgenden Jahre segelte sein Sohn Sebastian ab; um eine nordwestliche Durchfahrt (Northwestpassage) nach China aufzusuchen. Da er wegen des Eises der nördlichen Breitengrade nicht weiter vordringen konnte, so fuhr Cabot an der Küste hin bis nach der Chesapeake Bay, vielleicht auch tiefer hinab gen Süden. Bei seiner Rückkehr berichtete er den Engländern, dass das Land reich an Fischen wäre. Auf diese Entdeckungen waren Englands Ansprüche auf die Länder seiner Nordamerikanischen Colonien gegründet.

Im Jahre 1513 entdeckte Ponce de Léon, ein Spanier, Florida und nahm förmlichen Besitz von diesem Lande.

Im Jahre 1523 wurde Johann Verrazzani, ein Florentiner, von Franz I. von Frankreich auf eine Entdeckungsreise ausgesandt. Er segelte an der Küste des Festlandes hin vom Cap May nach Neufoundland. Bald nachher fingen die Franzosen an, Canada zu colonisiren.

Im Jahre 1539 landete der Spanier De Soto in Florida. unterwarf die Eingebornen und drang kämpfend 200 Meilen ins Innere des Landes vor.

Im Stillen Ocean segelte Cabrillo, ein Spanier, der Küste entlang und begründete daselbst die spanische Autorität.

8. 3.

Versuche, Colonien zu gründen.

Im Jahre 1562 flohen französische Calvinisten unter dem Schutz des edlen Coligny vor den Verfolgungen, die damals von der grausamen Catharina von Medicis, der Anstifterin der Pariser Bluthochzeit, gegen dieselben gerichtet wurden. Sie suchten Zuflucht in dem im gegenwärtigen Kriege so berühmten Port Royal (Süd-Carolina), und gaben dem Lande zu Ehren Karl's IX., der ihnen einen Freibrief bewilligt hatte, den Namen "Carolina".

Eine andere französische Colonie wurde bald nachher an den Ufern des St. John Flusses in Florida gegründet. Beide Colonien hatten keinen Bestand, was auch mit der von Sir Walter Raleigh im Jahre (1585) in Nord-Carolina gegründeten der Fall war.

8. 4.

Die älteste Stadt.

Im Jahre 1565 legten die Spanier den Grund zu der Stadt St. Augustine in Florida, der ersten Stadt und bleibenden Colonie innerhalb des jetzigen Gebietes der Vereinigten Staaten.

2. 5.

Erste englische Colonie, Jamestown in Virginia.

1607.

Alle englischen Besitzungen wurden zuerst "Virginia" genannt zu Ehren der jungfräulichen Königin Elisabeth, unter deren Regierung sie entdeckt wurden. Jakob I. gab zweien Gesellschaften Freibriefe, um in den neuen Ländern zwei Colonien, eine nördliche" und eine südliche" zu begründen, welche später die „Virginischen" und die NeuEnglischen Colonien benannt wurden. Die erste derselben wurde, von dem unternehmenden Capitän John Smith geleitet,

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1607 zu Jamestown am James Fl. gegründet (Colonie und Fluss, nach dem regierenden Herrscher benannt), ungefähr 50 Engl. Meilen unterhalb der Stadt Richmond.

Das Repräsentativ-Regierungsprincip erschien hier zuerst in Amerika. Die Colonie erhielt eine Verfassung und wurde durch vom Volke gewählte Abgeordnete regiert.

2. 6.

Erstes Sklavenschiff.

1620.

Im August 1620 verkaufte ein holländisches Kriegsschiff 20 Neger an die Pflanzer zu Jamestown. Dieselben wurden zur Tabacks-Cultur sehr nutzbar gefunden. Im Jahre 1621 wurde die Baumwollencultur eingeführt.

8.7.

Puritanische Colonie in Neu-England.

Die Verfolgungen, welche die Puritaner in England erlitten, trieben sie dazu, in Holland, damals das einzige Land in Europa, welches Religionsfreiheit genoss, ihre Zuflucht zu nehmen. Die Puritaner indessen wünschten Britten zu bleiben und „fern von den Lastern des Lebens in Holland" zu sein. Daher entschlossen sie sich nach der neuen Welt zu segeln, wo sie den Sabbathtag heilig halten und die Kenntniss des Wortes Gottes und des Reiches Jesu Christi über jene weit entfernten Länder verbreiten könnten". Etwa hundert von ihnen, Männer, Frauen, Kinder, segelten in einem Schiffe (The May Flower) im Jahre 1620 nach der Neuen Welt. Sie landeten in der Bucht von Massachusetts an einer Stelle, welche sie nach der Stadt, aus deren Hafen sie in England abgeschifft waren, Plymouth-Rock nannten.

2. 8.

Entgegengesetzte Elemente.

Wir sehen daher fast in demselben Zeitraume die beiden grossen entgegengesetzten Elemente der amerikanischen Ge

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