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unmittelbar an ihnen selbst nachweisen; inwieweit es gelingt und gelingen kann, an die Stelle dieser ungeschichtlichen Vorstellung die geschichtlich richtige zu setzen, dieß hängt zunächst von der Beschaffenheit der Quellen ab, die uns hiefür zu Gebot stehen. Und da uns nun diese über die Jugend« und Bildungsgeschichte Jesu vollkommen im Dunkeln lassen, da uns auch die damaligen geistigen Zustände seines Geburtslandes nur sehr unvollständig und mehr nur im Allgemeinen bekannt sind, so muß hier nothwendig, was das Einzelne betrifft, immer eine bedeutende Lücke bleiben. Aber daraus zu schließen, daß das Christenthum übernatürlichen Ursprungs sei, dieß wäre ebenso bündig, wie wenn Jemand die Geschichtlichkeit der Wunderberichte über Pythagoras aus unserer Unbekanntschaft mit seiner wirklichen Lebensgeschichte folgern wollte.

Doch ich muß schließen, wenn ich nicht noch tiefer in die Theologie hineingerathen will, als dieß, trotz der besten Vorsätze, bisher schon geschehen ist. Viel Neues werde ich freilich weder Ihnen noch der Mehrzahl Ihrer Leser gesagt haben. Indessen mochte es immerhin gut sein, an einem Beispiel zu zeigen, wie auch die Gebildeten und Wissenschaftlichen unter unfern Theologen sich in der Regel noch immer zur historischen Kritik stellen. Mein Name aber mag auch dießmal ungebruckt bleiben: wäre es doch unrecht, meinem Kritiker das Vergnügen, daß er ihn durch eigenen Scharfsinn findet, zu verderben.

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Géographie historique de la Gaule. 1) Le Pagus aux differentes époques de notre histoire par M. Alf. Jacobs. Paris, 1859. 32. S. 8. 2) Fleuves et Rivières de la Gaule et de la France au moyen äge par le méme. Paris, 1859. 25. S. 8. 3) Examen historique et topographique des lieux proposés pour représenter Uxellodonum par le Géneral Creuly et Alf Jacobs 1860. 38. S. u. 2. Karten Diese drei kleinen Schriften erschienen als Abhandlungen in einer Zeitschrift und sind (was indessen nicht bemerkt wird) Separatabdrücke der letzteren. Hr. Alf. Jacobs, ein jüngerer Schüler der Ecole des chartes, docteur en lettre«, »reluvizte pk>Ieogr»pt>e und 1860 membre cle I» l!ommi««i<iu c!o I» lopußl-ptiie <le« Lnules, hat sich seit einigen Jahren durch geschichtliche Detailforschungen einen Namen gemacht.

Die vorliegenden Schriften sind schätzenswerthe Arbeiten. In der ersten wird nachgewiesen, daß das Wort Pagus nicht immer einen wirklichen Gau bezeichne, sondern zuweilen so viel als Bezirk oder Gegend überhaupt. In der zweiten werden die Namen der in der (vom Verfasser übersetzten und geographisch commentirten Geschichte der Franken Gregors von Tours, bei Fredegar, in Urkunden und in Vnlesiu« notiti» l,»IIi»rum genannten Flüße und Flüßchen im alten Gallien oder beginnenden Frankenreiche erklärt, b. h. ihre jetzige Benennung und Lage angegeben. Die Arbeit des Verfassers ist indeß weder erschöpfend, noch vollständig, sondern nur ein Veitrag zum geographischen Studium Frankreichs in jenen Zeiten. Die dritte Abhandlung, welche Herr Alfr. Jacobs in Gemeinschaft mit einem seiner College«, Herrn General Creuly von der topographischen Com» Mission schrieb, untersucht die Richtigkeit der verschiedenen Ansichten der Gelehrten über die Lage der alten Celtenstadt Ufellodonum, der letzten von Cäsar eroberten gallischen Festung. Hirtius, der Fortsetzer von Cäsars Geschichte des gallischen Kriegs, gibt eine sehr eingehende Erzählung dieser Eroberung, welche daher die Verf. S. 1 ff. nebst Übersetzung und mit einigen andern auf dieselbe bezüglichen Stellen aus den Klassikern abdrucken lassen. Da aber nirgends die Lage des Orts genau angegeben ist, so stritt man sich von jeher über dieselbe. Es wird gerathen auf Cahors, Puy l'Eveque, Uzerche, Ussel, Capdenac, Puy d' Issolu, Luzech —" alle im Süden der ehemaligen Herrschaft Querer, oder zunächst derselben, gelegen. Die Herren Verf. besuchten diese Localitäten, nahmen Zeichnungen derselben auf, verglichen ihre Wahrnehmungen mit den Angaben der Alten und kamen zu dem Ergebniß, daß der letzte an dem in die Garonne sich ergießende Fluß Lot gelegene Ort Luzech das alte Ufellodonum gewesen sein müsse. I.. ^, ^V.

Hi»toiie äe» Olk»ze« ouviieie» su ?r»nes äepuig I», eongußte äe Hui«« L6«»r M«yu' K 1» rsvnliition: nuvrllße eouiountz' p»r I'lle»ä6mie äe« »eieueez murale« et politi^nes z>?i ü. I>ev»»»eui'. ?»ri», 1859. 2. Vol. 8. XII, 585 u. 560 8.

Die vorliegende Geschichte der arbeitenden Classen, zugleich die des Entwicklungsganges der Industrie in Frankreich, von den ältesten Zeiten bis auf die Revolution von 1789 ist eine der bedeutendsten Erscheinungen auf dem historischen Gebiete im Jahre 1859 und füllt eine große Lücke in der Culturgeschichte aus. Das Wert verdient den von der Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften ihm im Jahre 1858 zuerkannten Preis, indem es seine höchst schwierige Aufgabe in glücklicher Weise gelöst hat. Es ist schwer zu sagen, ob das Buch wichtiger ist für das Verständniß der politischen Geschichte, als für die Geschichte der Voltswirthschaft und des Handels,- doch wird die genauere Prüfung der Darstellung und der Ansichten des Verfassers dem Nationalökonomen überlassen bleiben müssen. Wir begnügen uns hier mit einer gedrängten Uebersicht des reichen Inhalts.

Das Wert zerfällt in sieben Bücher, die eben fo vielen Perioden entsprechen.

Das erste Buch mit der Überschrift: I.» Lnule rom-ine im Bd. I von S 1—96, zeigt die Lage der arbeitenden Clasfen unter den Römern und der Industrie, welche in Folge der Verachtung aller Brodkünste den Sclaven anheimfiel, vermittelst deren indessen gegen das Ende der Republik reichere Männer die Gewerbe in ähnlicher Weise im Großen trieben, wie noch jetzt die Besitzer von Zuckerplantagen in Amerika. Unter den Kaisern leben die früher schon im Keime vorhandenen Handwerkerkorporationen wieder auf, und gelangen, von Alex. Eeverus beschützt und privilegirt, zu großer Blüthe, welche aber dem Steuerdruck späterer Herrscher wieder erliegen mußte*).

Das zweite Buch mit der Aufschrift Invasion» beginnt mit einem Blick auf die Urzustände der aller Industrie baaren Germanen, spricht von den Gilden, die der Verf. nicht nach Wilda, sondern Aug. Thierry (l!ou8!ä6s»l!un3 zur I'nistoii-b 6e lrnn<:e) schildert, und die er als sociali«

') Es ist zu bedauern, daß der Hl, Verfasser, der für die erste Periode außer den Klassikern die Rechtsbenlmale benutzte, die neueren in Deutsch» land erschienenen Ausgaben der letztern nicht kannte, wie z. B. Hänel's <üoä«x 1'K«c>ä««ll>uu«, Vöcking's Notiti» ä!gnlwwm, die neuesten kritischen Ausgaben des dnrpu» ^urls, die Kapitularien von Pertz, sowie un> sere ganze reiche Literatur der römischen und deutschen Rechtsgeschichte, Wie lange soll es dauern, baß »nch die bessern französischen Gelehrten die deutsche Wissenschaft ignoriren dürfen?

stische, ja geheime Gesellschaften der niedern Classen zu gegenseitigem Schutze (mit Bezugnahme auf ein englisches Statut aus dem 11. Jahrhundert S. 102) betrachtet; der Verf. beschreibt dann die Bölkerzüge nach Gallien und spricht hierauf von der Arbeitsorganisation in den Guts« Herrschaften der weltlichen «Großen, der Städte, der Kloster, und von der allgemeinen Lage der Industrie und des Handels unter den Merovingern und Karolingern. Seine Mittheilungcn schöpft der Verfasser vorzugsweise aus dem von Guerard herausgegebenen und so meisterhaft commentirten kolvptieum Irminoni» verbunden mit anderen kürzeren Documenten dieser Art, dem Onpiwlnrß 6e villi«, aus Nulsleniu» oo6ex reßulnr. Munster, und anderen (älteren) Urkundensammlungen. Was die Städte betrifft, so hält er sich an Savigny Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter, Renouard n!«l. 6u ^roil munieip»! en ?r»nce, nimmt den freilich spärlichen Fortbestand der römischen Zunftkollcgien z. V. der Nautae in Paris an (S. 122) und "zeigt, daß manche Gewerbe z. B. das der Gold» und Silberarbeiter in verschiedenen Städten Galliens berühmt waren. (S. 125 —128.) In den Klöstern verpflichteten schon die Statuten die Mönche zu Handarbeiten; es gab Müller, Bäcker, Schmiede, Gerber, Schuster, Tuchwalker, Korbflechter unter ihnen. (S. 131.) Manche Klöster trieben Handel. (S. 142.) Im 9. Jahrhundert blieben freilich die industriellen Beschäftigungen den Laienbrüdern und Dienern derselben überlassen. (S. 144.)

Buch III. I.» rsoäuüts et le« ci-oi5»(Ie« (pp. 161 — 387). Vor dem 13. Jahrhundert waren die arbeitenden Classen zwar nicht mehr Sclaven im Sinne des römischen Rechts, aber Leibeigene oder Hörige: zur Erleichterung ihrer Lage schufen die Grundherren die fpäter für alle so drückenden und der Industrie fo uachtheiligen Bannrechte (der Mühlen, Backöfen), überließen manchen von ihnen bevorzugten niedern Freien oder Halbfreien die Ausübung von Professionen (Monopole) als Dienst» rechte, benachtheiligten aber den durch die Abhaltung von Märkten begünstigten Handelsverkehr durch Zölle und andere Abgaben, fanden es dann freilich wieder vortheilhaft, in den von freien Bürgern bewohnten Städten den Aufschwung der Gewerbe zu fördern durch die Organisation der Handwerksinnungen <6orp8 äe« mötier«), über welche der Verf. (S. 191—284) sich ausführlich verbreitet. Die Befugniß zu arbeiten wurde für ein privilegiorisches Recht erklärt, und dessen Ausübung

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