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Lobredner Haugwihens. Er sieht in dem Schönbrunner Vertrag, der Hannover an Preußen brachte, Preußens Rettung, er empfiehlt wie Massenbach und Buchhol; die französische Allianz, haßt Rußland und England und hofft im Sinne der spätein Eontinentalsperre die Vernichtung der englischen Seehcgcmonie, erwartet und hofft eine Uni« versalmonarchie Napoleons, mit einer Erhaltung der Dynastie durch Adoption, wie unter Trajan und de» Antoninen, „Gott hat, fährt er fort, die Franzosen zur Herrschaft bestimmt, weil sie durch Ehre und Deccnz die Corruption mildern, während die Andern, wie die Deutschen, ebenso lasterhaft und noch mehr, weil das Judicium sie nicht zügelt, ohne Decenz und Ehre ihre Greuelthatcn verüben würden. Die Weiblichkeit des französischen Charakter« mildert das Herbe ihrer Tyrannei und Verachtung. Ich bin deßhalb überzeugt, daß daS französische Reich von der Vorsehung zur Oberherrschaft bestimmt ist". Und hätte die Camarilla, was sie nicht gcthan, Bülow verhafte» lassen, so wäre es nur z»' rechtfertigen; es findet sich eine Stelle in der Vorrede des 2!en Theils, die sich wohl zu einer Untersuchung wegen Landesverraths qualificirte. Bekanntlich war 1805—1806 der Krieg zwischen Preuße.» und Schwede» erklärt, und da schlägt Bü« low dem König von Schweden vor, Stralsund der Bewachung des Aufgebotes zu überlassen, sich mit der Besatzung cinznschiffcn, und eine Diversion gegen Colberg und Danzig zu machen, Eolberg sei von der Seeseite am schwächsten befestigt, und eine Leitererstcigung würde zum Ziele führen. Der König von Schweden hätte den General Kalkreuth in seinen zerstreuten Quartieren überfallen, dann Stettin, das ebenfalls ganz vernachlässigt sei, einnehmen sollen, — an der Wasscrseite sei es ohnehin ganz offen — um von da nach Polen zu marschiren, und es zu insurgiren. Wenn wir auch ganz von der Ausführbarkeit dieser Vorschläge abschen, so geben sie doch hinreichenden Grund, den preußischen Unterthal! und ehemaligen Offizier zu vc» haften, um so mehr, wenn wir die frühere Notiz eines Briefes über die bei ihm gefundene gravirende Correfpondeuz nach Stockholm in Erwägung' ziehen. Das Titelkupfer des Buchs zeigt einen Soldaten, der sich beschämt die Ohren zuhält, während über ihm eine Fama in den lüften die Geschichte des Feldzuges von 1805 verkündet. Wenn Bülow einmal von seinen politischen nnd philosophischen Phantasien zu einer Erzählung der Begebenheiten kommt, ist sie anziehend genug. Die Capitulation von Ulm, die Schlacht bei Austerlitz, beide sind höchst anschaulich und lebendig beschrieben. Von Mack sagt er: »Wenn Napoleon ihn umgangen hatte, so hatte er Napoleon ebenso gut umgangen; er brauchte ihn nur zu schlagen, so war im Fall des Verlustes Napoleon tu so schlimmer Lage als Mack." Das ist gewiß richtig, läßt sich aber auf Bülow's System der Umgehungen nud Flankenangriffe eben so gut anwenden. Sonst ist sein Msonnement wie das Lloyds und Massenbachs: er hält Nördlinzen für den Schlüssel Bayerns — darauf mochte ihn das Studium des 30jährigen Krieges geführt haben — und meint: hätte Mack sich bei Nördlingcn statt bei Ulm aufgestellt, so wäre alles gewonnen gewesen. Gerade wie Lloyd's Räsonnement, daß Passau der Schlüssel von Oesterreich fei. Die mystische Idee von Schlüsselpnnkten und Schlüsselstellungen, die am Ende des vorigen Jahrhunderts allgemein angenommen war und selbst auf die Kriegführung nicht ohne Einfluß blieb, die wie Clausewitz sagt, »ihr zähes Iudcnlebcn in den Büchern an einem dünnen Faden bis heute fortzuspinnen gewußt hat», beherrschte Vülow ganz. So knüpft er den Gewinn der Schlacht bei Ansterlitz einzig an den Besitz der Höhen von Pratzen, wie Massenbach den der Schlachten von Jena und Auerstädt an die Aufstellung auf dem große» Ettcrsberge; damals, meint er, hätte Preußen den Krieg an Oesterreich erklären, in Böhmen einrücken sollen, der König hätte sich in Prag die Krone aufgesetzt: das Alles würde keine Schwierigkeiten gehabt haben, denn in Böhmen sei eine starke protestantische Partei, namentlich Hussiten, die dem protestantische» König schnell zufallen würden, — in seinem gedankenlosen Hinschreiben vergißt er ganz was 200 Jahre seit der Schlacht am weißen Berge geändert haben.

Und dennoch nennt er sich »durch seine Schriften znm Nange erster Feldherr» erhoben» und sagt an anderer Stelle: »Ich habe nun einmal nichts gelernt, als Staaten zu regiereu und Armeen zu commandiren, meine vorhergehenden Schriften haben es bewiesen, und meine künftigen werden es noch mehr beweisen, daß ich mein Metier verstehe» und mehrmals ruft er entrüstet aus: »Mich zu lesen und nichts zu' lernen!» Nicht unwitzig erwähnt er den Calembourg der Vorsehung, daß Mack auf hebräisch Niederlage bedeute, als hätte der Stammvater Mack die Bestimmung seine« Enkels vorhergesehen, 1794 und 1805 Niedersagen zu veranstalten. Bei später erwähnten, unentschlossenen , schwachen Handlungen Anderer sagt er: „II? » äu U»oK lo, äeäaus." Als der Herzog von Würtemberg Napoleon um die Königswürbe bat, antwortete ihm dieser nach Bülow's Erzählung: ,,U»i» »pl^» »voll- tait rileurer vu» »u^jetz taut ä'»un6e», vou» vuule« ln,ire rire tout I« monäe?" Sehr viele Witze und Ne» merlungen lassen sich ihrer Obsrönität wegen gar nicht mittheilen, aber begreiflich wird es, wie ein Buch so voller Witz, Bitterkeit und Schärfe, wenn auch voller Irrthum, Unwissenheit und Selbstüberschätzung viel gelesen wurde. Wahrheit und Unsinn, Ernst und Spott, humane, moralische Absichten und freche Zoten, das Alles wechselt mit einander ab, und bei den treffendsten Bemerkungen ist man in» dignirt über den Ton, in dem sie gesprochen werden, bei der rohesten Verhöhnung des Vaterlandes, jeder Sitte und Zucht, kann man ein Lächeln nicht unterdrücken, so daß sich die Zwiespältigkeit des Buches selbst der Empfindung des Lesers unwilltührlich mittheilt.

So können wir sein tragisches Geschick, nicht aber das beklagen, daß die Eatastrophe seines Lebens zugleich seiner Schriftsteller« ein Ende machte; auf der geneigten Fläche eines regellosen Wandels und polemischer Schriftstellern mußte er immer abwärts gleiten, und jedes Jahr, das das Schicksal ihm noch gegönnt, jedes folgende seiner Werke hätte ihn tiefer gesunken, dem Vaterlande, der angestammten Treue und jeder heiligen Sitte entfremdeter gezeigt. —

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ü, /V, Wilson, /X nev? dlLtoi-^ «f tde ec>n<zu<?Lt ol ^lexle«. sliilaä,, 1859. 1 vol, 8.

Illexilzu«. ?ai!3, 1857—59. 4 vol. 8,

Die Geschichte der Völker von Mexico und Central-Amerika, deren relativ hohe Eultur die Entdecker und Eroberer dieser Länder bewunderten, ist in Folge der gründlichen Zerstörung des einheimischen Heidenthums durch die Spanier in eine Dunkelheit zurückgetreten, die zu lichten bis jetzt nur noch wenig gelungen ist. Zwar fehlt es nicht an einer Menge von Denkmälern und historischen Nachrichten, welche uns von jener Kultur Kunde geben, aber theils erschwert die Eigen« thümlichkeit der letzteren, die oft in hohem Grade von Allem abweicht, was sich bei andern Völkern findet, und durchaus einzig in ihrer Art dasteht, die richtige Bcurtheilung des Einzelnen und dessen sichere Zusammenfassung zu einem befriedigenden Gesammtbilde, theils hat die Kritik bis jetzt noch nicht vermocht, in Rücksicht dieses uns so fremd ansprechenden nnd so fern liegenden Gegenstandes zu einigermaßen festen Resultaten über den Wcrth und die Zuverlässigleit der Quellen selbst zu gelangen, die uns zu Gebote stehen. Die monumcntalcn Ucbcrreste, nur erst unvollkommen durchforscht, siud größtenthcils nur iu Abbildungen bekannt, deren Genauigkeit vieles zu wünschen übrig läßt, ja deren Treue im Einzelnen, so weit sie eben geht, manche Zweifel erregt hat. Die von Lord Kingsborough gesammelten Bit» derschriften stellen nur zu einem kleinen Theile historische Gegenstände bar, das Meiste bezieht sich auf den Festkalender, die Wahrsagetuust und die Mythologie und verspricht, selbst wenn es verständlicher wäre, als es ist, kaum einen tieferen Aufschluß. Die schriftlichen Denkmäler, welche noch übrig sind, stammen theils von Eingebornen, theilS von Spaniern, sie liegen uns in spanischer Sprache vor und schöpften ihren Inhalt aus der Tradition und aus Bilderschriften, die später verleren gingen. Welcher Grad von Glaubwürdigkeit diesen zu Grunde gegangenen einheimischen Annale» selbst zukam, läßt sich schwerlich noch ermitteln, ebenso wenig ob und wie weit sie von denen, die sie benutzten, richtig verstanden und treu wiedergegeben wurden, nicht minder, ob das in den einheimischen Sprachen Geschriebene mit der erforderlichen Sorgfalt und Genauigkeit in's Spanische übertragen worden ist.

Erklärt sich ans diesen Umständen die große Verschiedenheit des Urtheils über die mericanische Geschichte und ihrer Darstellung, so staunt man doch über den Gegensatz der Ansichten, der sich in den obengenannten Werken zeigt. Wilson, dessen neueres Buch durch eine frühere Schrift (Mexico anä it» loli^ion, ^le^v ^ork 1855) vorbereitet ist, erklärt die Aztckcn für „eine Horde amerikanischer Wilden", deren Tempel nur klein und unbedeutend, deren Bauten und Götterbilder nur aus Lehm gemacht waren, während allerdings die viel älteren Tolteten in Central-Amerika ein wahrhaftes Cultnrvolt gewesen, seien. Die Bilderschriften sind ihm eine Erfindung spanischer Mönche, und die einheimischen wie spanischen Schriftsteller gelten ihm für durch und durch unglaubwürdig. Er geht darin so weit, daß er die Memoiren des Bernol Diaz als untergeschoben bezeichnet und Torquemada, de» er allerdings eine schätzenswerthe Quelle uennt, au-v, derwärts gelegentlich als einen Lügner hinstellt.

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