Page images
PDF

lig preisen und bewundern sollten, daß sie mitten unter den verderbten Sitten und Verfolgung dennoch von ihrem Grundstein nicht bewegt werden können, haben sie vielmehr davon abtrünnig werben, lein Haupt der Kirche mehr erkennen und selbe gänzlich zergliedern wollen.

Deß ungehindert aber, gleichwie der Allerhöchste das niemals genug gelobte Erzhaus Österreich als eine Säule der christlichen Kirche absonderlich erweckt hat, also ist den daraus entsprossenen Kai» fern und Königen dieses und des abgewichenen Säculi fürnehmlich zu danken, daß der katholische Glaube und (die) geistliche Würde des päpstlichen Stuhles so kräftig unterstützt und aufrecht erhalten worden.

Gleichwie aber (auf die Papste wieder zu gelangen) die Regierung derselben wegen ihres gemeiniglich abtragenden hohen Alters nicht lange Zeit bei einer Person zu bestehen, sondern sich mehrere Abwechslung als bei keinem andern Regiment dabei zu ereignen und folglich auch nach Unterschied der Päpste Particular-Neigungen, Sitten und Humor, auch jeweils wegen ihrer Familien Privatinteresse sich öftere Veränderungen als anderswo zu begeben pflegen, inmassen die so zu solcher hohen Würde gelangen wollen, sich vielmals so meisterlich zu verstelle» wissen, daß man ihre Affecten und illclinlltioue» eher nicht wahrnehmen oder errathen kann, bis selbe den Gipfel der Hoheit erstiegen (dessen von Sixto V. merkwürdige Proben zu lesen): als ist leicht zu ermessen, dann an keinem christlichen Hof schwerer zu negotiiren und klügere Leut zu gebrauchen seien, als eben au dem römischen, wo man überaus vorsichtig und behutsam handeln und gar leise iu die Sachen gehen, dagegen aber wohl Achtung geben muß, daß durch eine allzugroße Ehrerbietung oder Willfährigkeit dem Staat kein Schaden und Nachtheil zugezogen werde, weil an keinem Orte gefährlicher zu handeln und leichter irr zu gehen ist.

Wie sich dann vielmals ereignet hat, daß bei den Papstwahlen selbst das Absehen übel verstellt und manchmal Einer zu der päpstlichen Würde bcfürdert worden, von welchem man glaubte, seiner Geburt oder anderer Umstände halber alles Gutes sich getrösten zu köunen und sich das Widerspicl nachmals in der That gezeigt hat, wie sich mit Paul IV, und andern cremvlificiren ließe, gestalten die geistliche und weltliche Dignität, traft deren die Päpste über andere Menschen er

[ocr errors]

hoben werden, sie von der gemeinen Art der Menschen nicht abge» sondert und also lein Wunder ist, daß, nachdem Einer sich in so ho« her Würde befindet, als dann auch andere Gcdanten schöpfe und den Glanz oder Strahl, womit er umgeben, viel weiter schiessen lasse, als man sich von ihm etwa eingebildet hätte, weil gemeiniglich die große Veränderung des Standes und der Ehren auch des Menschen Sitten und Humor ja die vorher gesetzte Meinungen selbst zu vcrändcrn pflegt. Daher sich gar nicht darauf zu verlassen, daß Einer nachdem er den päpstlichen Stuhl bestiegen, eben nur solche Conduite halten oder diejenige Freundschaft pflegen werde, deren er sich als ein Cardinal oder niedriger Prälat beflissen hat.

Deß unangesehcn ist doch das erste und vornehmste Stück, so ein romischer Kaiser oder König bei der römischen Kirche zu beobachten hat, daß er bei der päpstlichen Wahl einen großen Theil zu habe» sich bemühe, als wodurch man nicht allein noch einigen Schal» ten desjenigen Rechts und (der) Bcfugsame, so die Kaiser etlich hun» dert Jahr in Setzung der Päpste gehabt, erhalten, sondern auch bei dem neu erwählten sich also verdient und angesehen machen möge, daß man sich seiner Wohlgewogenheit und Willfahrung in allen Vorfallenhciten desto eher versehen könne, welche Staatsmarime jeweils allzuviel ausser Acht gelassen und so wenig darauf reflectirt worden, daß man bei dem oonclavi und sonst von nichts als der spanischen und französischen Faction zu reden gehabt, und ein römischer Kaiser bei dem päpstlichen Hof in keiner größeren Considcration als ein jeder gemeiner und kleiner Fürst gehalten worden, welches nicht nur um willen des einem römischen Kaiser über alle anderen Potentaten gebürenden Vorzugrcchtcs etwas schimpflich, sondern auch in vorfallenden Begebenheiten sehr uachtheilig ist. Daher auf alle Weis zu trachten, die kaiserliche Partei bei dem römischen Hof zu verstärken, und bei den Promotionen und (der) Austheilung der Cardinalhiite sich nicht präteriren zu lassen, sondern diejenige welche man hiezu benennt, mit allem Eifer und Nachdruck zu Portiren, und ohne wohl empfindliche Ahndung nimmermehr zu gestatten, daß, wie zuweilen geschehen, auf andere Kronen mehr reflectirt und derselben Nominirung mit Ausschluß der kaiserlichen beobachtet werde, welches desto leichter zu erreichen in alle Weg rathsam und erforderlich ist, gegen den römischen Hof in weltlichen und politischen Dingen eine Stand- und Ernsthaftigkeit spüren zu lassen und demselben den Wahn zu beneh« men, als ob man Alles gleich gelten oder sich unschwer wieder besänftigen lasse. gern von sich gesagt wissen will) nachdem er den» unverschuldeten Tod zu entgehen die Flucht nehmen und sich an den französischen Hof re» tiriren mußte, allwo König Heinrich IV. ihm reichlichen Unterhalt gereicht, mit wenigen aber scharfsinnigen Worten zu verstehen gegeben, da er — gedachter König — (gefragt), worauf er fürnehmlich bedacht und sich mächtiger zu machen beflissen sein solle, mit bloße» drei Worten ausgedruckt und drei hoch erleuchte Rathschläg zugleich gegeben hat, da er nichts Anders erinnerte, als Roma, Conseio, Pielaga. Und diese sind in Wahrheit die drei Stuck, wodurch sich von selber Zeit an die Krön Frankreich so hoch empor geschwungen und wonach die zwei Cardinäle, so an dem Steuerruder der königlichen Regierung nach einander gesessen, ihren Staatsccmpaß gerichtet haben, welche zwar selbst mit dem Purpur geziert und Glieder des päpstlichen Stuhls gewesen, jedoch eine solche Conduite beobachtet habe», daß die Berechtigung des Königs unverletzt geblieben und auf den höchsten Puiitt hinauf getrieben worden, woran sich alle hohen Ministri billig spiegeln und es ihnen nachzuthu» bearbeiten sollten »ach dem Ausspruch unseres Heilands und Seligmachcrs: dato C^esari c^nao (^«»ari» »uut et veo yuke vei. Wie sich denn ein Fürst »»d Regent in Vorfallenheiten, so den röniischen Hof betreffen, wohl vorzusehen und »icht allen Rathschlägen zu trauen, sonder» zu erwäge» hat, woher selbe kommen, denn bei Manchen sonderheitlich den Geistlichen der blinde und unbescheidene Eifer oder anderweitige Ncgards, so sie auf den Papst und das Interesse ihres Ordens tragen müsse», einen Regenten oftmals zur allzugroßer Condesccnz gege» de» römischen Hof verleite», Andere hingege» der Geistlichkeit so gehässig oder dere» Rathschläge ohne das nicht nach der Richtschnur der Tugend und christlichen Politique gerichtet sind, denselben zu gefährlichen Dingen und allzugroßer Widersetzlichkeit oftmals zu verführen trachte», also hierin ein kluges Maß zu treffen vonnöthen, weil der Staat und dessen mehrentheils verborgene Angelegenheiten nicht allezeit zulassen wollen, daß man in Allem und Jedem sich nach der Päpste Willen und Aufnahme des Kirchenstaates, sondern seiner eigene» Land und Leute Wohlfahrt und Convenienz regulire. Daher man de», Erempl Kaiser Karl V. nachzufolgen, welcher als er in Welschland die kaiserliche Krön zu empfangen ankam und die päpstlichen Legaten, so ihm entgegengeschickt worden anhielten, er möchte voiderist ihnen eidlich anzutoben geruhen, daß er die Freiheit der christlichen Kirche nicht kränken und der Braut Jesu Christi keine Schmach anthun wolle, hat er feine Zusage dahin gerichtet, er wolle keine Aenderung in den Berechtigungen der Kirche vornehmen, aber auch dem Reich in seinen Ansprüchen nichts vergeben. Welche Wort auf Parma und Piacenza gerichtet waren, so er für Reichslehen, der Papst aber für Lehen des päpstlichen Stuhls haben wollte.

Es wird aber zur Verstärkung der kaiserlichen Partei und der daraus zu gcwarten habenden guten Wirkung allerdings nöthig sein, daß man auf solche Subjecte jederzeit autrage, welche nicht allein ihrer hohen Verdienste und vortrefflichen Qualitäten halber so gestaltene Würde wohl meritircn, und keine Ausstellung leiden, sondern auch daß man sich auf deren Treu und Devotion eigentlich verlasse», und nicht geringen Nutzen sich von deren Beförderung versprechen möge, wie dann wohl jeweils geschehen sein dürfte, daß man solchen Leuten dazu behilflich sein wollen, welche auszuschließen die vromotioues für die Kronen gar unterlassen oder da selbe endlich mit dem Cardinalhnt begabt worden, eine so schlechte Figur an dem päpstlichen Hof gemacht haben, daß selbe einige ersprießliche Dienst zu leisten nicht vermögt, auch jeweils wohl gar solche Subjecta promovirt worden sind, deren Interesse mit dem österreichischen nicht in Allem zugetroffen und aus deren Erhöhung mehr Schaden als Nutzen zu gewarten war.

Dahingegen (zu geschweige« anderer und älterer Exemplen) auf gegenwärtige Stund in des Hrn. Cardinal von Gurk Emiuenz ein klares Beispiel sich zeigt, wie gut und vortrefflich sei, wann zu so gestalter Dignität allein Leute von großer Capacität und Meriten befüidert und dabei auf nichts anderes gesehen wird, als wie man sich derselben künftig nutzlich bedienen möge.

Eben dieses ist bei Ernennung der Beisitzer in rota üoman» und in allen andern Occurenzien zn beobachten, welche einen Rapport zu dem päpstliche» Stuhl haben, als wo einem Herrn und Regenten am allermeisten gelegen ist, wohl bedient zu werden und sich considerable zu macheu, welches der vortreffliche Staatsmann Antonius Perez, (welcher bei dem tlugisten Regenten dieser Zeiten Philipp II. König in Hispanien in solcher Gnade und Ansehen gewesen, daß er uuangemcldt bei ihm freien Zutritt gehabt und mit Bestand Rechtens nichts anders beschuldiget werde» könnte, als daß er ein Mitwisser der ihm alleinig anvertrauten Geheimnisse gewesen und sich zum Werkzeuge einer Sache gebrauchen lassen, welche ein großer Herr nicht

[ocr errors]

Man muß also eine kindliche Liebe und Unterwürfigkeit gegen den allgemeinen Vater der Christenheit bezeigen, aber dabei auch der Schuldigkeit, die ein Prinz gegen sich selbst und seineu Staat ob sich tragt, nicht vergessen. Denn obschon die Päpste zu vorigen Zeiten und bei dem Anwachsthum der christlichen Kirche den weltlichen Potentaten mit herzlicher und ungefärbter Liebe als Väter ihren Kindern zugethan waren, weil sie sich in ihrer Bedrängniß alles Schutzes von ihnen zu versehen hatten, nachdem sie aber über die ihnen fürnehmlich zuständige Eigenschaft eines geistlichen Oberhaupts auch die Mahl» zeichen eines weltlichen Regenten angenommen, und das Interesse der Kirche mit dem Interesse der Welt vermischt worden, hat man erfahren müssen, daß sie auch nicht jederzeit als Väter gegen ihre Kinder sich verhalten haben, und wollte Gott, daß man nicht auch viel irdisch Gesinnter leider angetroffen hätte, welche aus getreuen SeelenHütern reissende Wölfe worden. Dessen z. B. dürfen wir nicht weit zurückgehen und die uralten Geschichten hervorsuchen sondern wollen nur die letzteren Säcula ein wenig durchgehen und vorderist Papst Alexander VI. anschauen. War nicht dieser Papst allein auf die Erhöherung und Bereicherung seines Staats und Hauses bedacht, gebrauchte er nicht alle hiezu dienende Mittel, so verwerflich und unzuläßlich sie auch immer sein mochten? Mußten nicht durch diese ungemessene Ehrsucht die geistlichen Güter selbst entweiht und gemiß» braucht werden? Violirte er nicht alle geistlichen natürlichen und weltlichen Rechte, nur daß er seinem andern Sohn Cäsari Borgiä auf den Thron verhelfen möchte, so daß sein ganzer Lebenslauf nach unparteiischer Geschichtschreibcr Verzeichniß in lauter Vergiftung Verräthereicn Meuchelmorden Meineiden und andern lasterhaften Thaten bestanden? Und wenn wir Iulium II. seinen Nachfolger betrachten,

« PreviousContinue »