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Sammlung von Urkunden mit einigen eingestreuten Erläutermigeu und Ausführungen, und einem Anhang (Lupplsiuent), der sich be» sonders mit Schlier, ausserdem auch mit dem betreffenden Abschnitt in Herrmann's russischer Geschichte beschäftigt. (Da diese Theile auch besonders paginirt sind, werde ich sie als I. II. III. citiren). Unser Aufsatz scheint dem Verfasser noch nicht bekannt gewesen zu sein.

Die Absicht ist zu zeigen, daß nicht Rußland, sondern Preußen, Friedlich II., den eigentlichen Anlaß zu der Theilung gegeben; und insofern stimmt der Verfasser mit der früher hier vertretenen Ansicht in der Hauptsache übcrein. Doch geht er dann weiter, wenn er darzuthuu sucht, daß Friedrich den Plan zu einer Vergrößerung seines Staatsgebietes auf Kosten Polens sehr früh in bestimmter Weise gefaßt, unter allen Umständen festgehalten, eifrig und geschickt verfolgt und dadurch das ganze Ereigniß herbeigeführt habe. Andererseits ist er weit entfernt, dem König in irgend einem Sinne daraus einen Vorwurf zu machen, und steht in der Würdigung des ganzen Vorganges mehr auf dem Standpunkt, den, unter sich freilich noch vielfach abweichend, Herrmann und Schlözer einnehmen, als daß er geneigt wäre, solchen Erwägungen Raum zu geben, wie sie jeuer Aufsatz in Erinnerung zu bringen für recht und nothwendig hielt.

Es ist nun die Meinung nicht, jetzt auf diese Fragen noch einmal zu» rückzukommen. Die Bedeutung des Buches liegt auch gewiß am wenigsten in solchen allgemeinen Erörterungen. Aber es ist daukens« werth durch neue Mittheilungen eben aus den russischen Archiven, die es gibt, und auch von den kritischen Erörterungen, die der Verfasser über die bisherigen Darstellungen und besonders über einzelne Punkte anstellt, verdient Einzelnes Beachtung; es scheint mir angemessen, mit Rücksicht hierauf wie auf die sonst bekannten Nachrichten etwas naher darzulegen, wie der Gang der Sache sich jetzt darstellt. Dabei bleibt freilich zn bedauern, daß der Verfasser von dem ihm zugänglichen Material eben nur die auf Preußen bezüglichen Act«nstücke mitgetheilt hat, sehr wenig was Rußland unmittelbar angeht, so gut wie gar nichts was sich auf den Verkehr mit Oesterreich bezieht. Dieß erweckt dann auf's Neue wohl das Verlangen nach einer Kenntuiß dessen, was die österreichischen Archive selbst enthalten mögen. Und wie schon öfters bemerkt, ist es sehr wahrscheinlich, daß eine solche Mitteilung die Dinge nur gunstiger für den betreffenden Staat wirb erscheinen lassen, als die bisherige Annahme war.

So ist es nach Allem, was jetzt vorliegt und zuletzt eben Smitt mitgetheilt hat, als gewiß anzunehmen, daß bei den Zusammenkünften von Friedrich und Joseph zn Neisse und Neustadt, in keiner Weise, wie man früher nach Core und Andern annahm, über eine Theilung Polens verhandelt, oder der Plan einer solchen entworfen worden ist; was zuletzt in dieser Beziehung von St. Priest und Herrmaun ausgeführt worden, hat Smitt gewiß mit Recht (I, p. 62. III, p. 6) zurückgewiesen. Man darf sich in dieser Beziehung vielleicht auch auf den Bericht von Kaunitz über die letzte Zusammenkunft, die man vorzugsweise im Auge hat, berufen, den A. Wolf in dem Jahrbuch für vaterländische Geschichte (Wien, 1860) veröffentlicht hat, und in dem durchaus nichts der Art vorkommt, obwohl ja möglicher Weise diese Angelegenheit als nicht geeignet zur Erwähnung in einem solchen Schreiben hätte angesehen werden können. Eine Stelle aber in einem von Smitt niitgetheiltcn Brief Friedrich's, wo dieser von der Maria Theresia berichtet, sie solle ihrem Sohne Joseph vorgeworfen haben: c^ue ses eutrLVue» llveo 1« Roi äe ?ru38L stküent I», Premier« souree ä«8 smI)Ä.rrg,8 ou ells 86 trouv3.it A.u^c»urä'I>uI (II, p, 186) fordert am wenigsten eine solche Auslegung.

Aus der Zeit vor dem Anfang der ?0er Jahre gibt die Publikation Smitt's überhaupt nichts wesentlich Neues außer einem ausführlichen Auszug aus dem projectirten Bündniß Friedrich's II. mit Zaar PeterIII., aus dem erhellt, daß der Vertrag von 1764 in wichtigen Punkten nur eine Wiederholung desselben ist, und namentlich die beiden hier im deutschen Originaltext mitgetheilten Separatartitel, die sich auf Polen bezogen, und die dienen sollten, seine Schwäche zu erhalten und zugleich die Wahl eines auswärtigen Königs zu verhindern, schon damals von Friedrich beantragt waren. — Herr Smitt polemisirt außerdem (III, p. 18) gegen die Auslegung, welche Friedrich und mit ihm Schlözer Aeußerungen gegeben haben, welche der Russische Minister Panin bei Gelegenheit der Verhandlungen über den Vertrag gemacht, und welche der König glaubte auf die Idee ä'un partes » lllire eii ?o!uAUL äiM3 1e og,3 cl'un« ^uerre 6au8 ee navs-IK beziehen zu sollen; aber gefördert wird die Sache dadurch weiter nicht.

Eine Depesche Friedrich'« an seinen Gesandten in Petersburg, den Grafen Solm«, die früher in einer Schrift des Grafen Görtz be° la»nt gemacht worden, erscheint hier, wie wenigstens der Herr Herausgeber meint, in einer authentischeren Gestalt; die Meinung, die ich früher wohl geäußert, daß sie in ihren etwas dunkeln Wendungen über die Pacification Polens auch schon auf eine Theilung hingedeutet , erhält wenigstens keine weitere Bestätigung und mag dahin gestellt bleiben.

Wichtiger sind die Vorgänge bei der Anwesenheit des Prinzen Heinrich im Jahre 1770/17? 1 in Petersburg. Die drei Erzählungen, welche über seine Unterredung mit der Katharina und die hier stattgefnudene Erwähnung einer Theilung Polens früher gedruckt sind und alle auf mündliche Nachrichten des Prinzen zurückgehen, werben verglichen und ihre Abweichungen und Widersprüche gut in's Licht gestellt (I, n. 14). Dabei ist dem Verfasser aber passirt, den jetzt in der Corrcspondcnz Friedrich'« mit seinem Bruder gedruckten eigenen Bericht desselben (<üorre3v. XI, n. 345) unbeachtet zu lassen, und erst in dem Supplement (III n. 39) bei Gelegenheit der Darstellung Schlözer's, der jenem gefolgt ist, kommt er auf denselben zu sprechen. Wir werden gewiß, was der Prinz hier erzählt, als authentisch festhalten nnd zugleich diefe Unterredung als den wirtlichen Beginn zur Ausführung früher nur unbestimmter Pläne betrachten müssen. So erklärt sich, wie früher angeführt (Zeitschr. Bd. III, p. 10,^13) die Dankbarkeit, welche Friedrich wegen dieser Sache gegen seinen Bruder empfand, die Art und Weise, wie der Prinz sich seiner Verdienste rühmte. In letzterer Beziehung kommt ein hier (II, v. 114) mitgetheilter, ganz merkwürdiger Brief desselben an den Grafen Solms in Betracht, wo er fagt: II est villi aue je rmi» nie 6ire, ane uion »Hour 3. ?eter8NourF », e'te' inarnus ri»,r le oominenceineut 6e» nsF«oi2.tiou3 f>our I», rilu» Arg.n6e re'uuion entre le üoi et I», liussie. ^e pm3 aus»! nie netter, 8»,N3 Prävention, et ^'en 8,1 I»,'ä>'33U8 I's,veu an lioi aang nius cle viri^t lettre» äe 8», inain, cl'ilvoir in!» 8ur le tani» I'iltlaire <^ui », äonue' Heu ö, I«, Oonveulion Wenn Herr Smitt dagegen meint, der Prinz sei mit der Kunde von einem bestimmten Plan Friedlich'« nach Petersburg gegangen und habe dann hier die Gelegenheit benutzt, ja alle Mittel der Ueberredung aufgeboten, um denselben der Kaiserin zugänglich zu machen (I, v. 138), so entbehrt das der Begründung. Gewiß trug sich Friedrich mit solchen Gedanken, aber mehr allgemein und in weiterer Ferne. Da gaben der Einmarsch der Oesterreicher in die Zips und die dadurch veranlaßten Aeußerungen der Katharina den Anstoß, ihnen rasch Gestalt und Ausführung zu geben, nicht in der beschrankten Weise, wie man zuerst wohl nur in Rußland meinte (Bd. III der Zeitschrift v. Is>), fondern gleich in einem Umfang, welcher des Königs Wünschen und Interessen zu entsprechen schien.

Herr Smitt glaubt das entschiedenste Gewicht auf eine Note Fricdrich's vom 2. März 1771 legen zu sollen: sie widerlege oder berichtige alle bisherigen Darstellungen; sie enthalte den ersten bestimmten Vorschlag zu der Theilung, und zwar von preußischer Seite, ohne daß auf einen Antrag oder eine bereits ausgesprochene Zustimmung Katharina's Rücksicht genommen werde. Dabei ist aber zu bedenken, daß jenes eben eine geschäftliche Depesche ist und durch sie die Sache nun zuerst in die Wege des gewöhnlichen diplomatischen Verkehrs gebracht werden soll. Der König theilt sie seinem Gesandten mit, damit sie durch diesen an den russischen Minister gelange. Vorhergeht auch schon ein anderes Schreiben vom 20. Februar, das Schlözer (25?) gegeben und der Verfasser erst im Nachfrage berücksichtigt. Beide zusammen zeigen allerdings, daß unmittelbar nach der Rückkehr des Prinzen aus Petersburg Friedrich mit Lebhaftigkeit auf den Gebanken einging, sich jetzt einiger besonders wohlgelegener polnischer Gebiete zu bemächtigen, wie er in beiden Briefen sagt, um so das Gleichgewicht gegen Oesterreich aufrecht zu erhalten, und damit sie als Entschädigung dienen für die Subsidien und anderes, was ihm der russisch-preußische Krieg gekostet; damit verbindet er dann den Gedanken, daß auch Rußland hier seine Entschädigung erhallen möge (yu'il äoit stro inäiiksrent ll la Iiu38,e, 6s c^uel c6t6 lui vient 1e ä^äomm^ement yu'ells », raison 6« vre'tenäre vour le» irki» äo sa, Auerre), und führt aus, wie das Ganze zugleich zu einer Befestigung der mit Rußland bestehenden engen Verbindung führen werde.

Es ist nun ganz richtig, wie Herr Smitt hervorhebt, daß die leitenden russischen Staatsmänner nicht so gleich und unbedingt darauf eingingen; doch einen principicllen Widerstand fanden Fried» rich's Vorschläge keineswegs. Tiefer aber betreibt die Sache auf's Lebhafteste, läßt Rußland in seinen Ansprüchen gänzlich freie Hand und sucht nur das durchzusetzen, was ihm selbst das Wünschenswerteste erscheint. Anfangs fordert er Pcmercllien, jedoch mit Ausnahme von Danzig, und als Ersatz für diese Stadt Culm und Maiienburg, eventuell Ermeland, Elbing, Marienburg und Culm, später für Thorn, wegen dessen Rußland Schwierigkeiten macht, Elbing. (7e»t uuo d^atello, schreibt er, II, p. 35, et il n'en couter» «zu'uü coup 6e plurue ö, !a liussie. Im Uebrigen verwandelt sich die Eventualität, das Eine oder Andere zu erhalten, später in eine Vereinigung von beiden. Und auch auf Danzig tommt er zurück, indem er es als Entschädigung für eine Rußland gegen Oesterreich zu leistende Hilfe in Anspruch nimmt und nur aufgibt, als jenes sich entschieden dagegen erklärte, um dann aber wenigstens zu verlangen, daß es als völlig freie Stadt anerkannt werde (II, p. 66. 67). Man mag hier wohl bemerken, daß die häufig wiederholte Darstellung, welche Friedrich später selbst gegeben hat (s. Zeitschrift III, p. 8), die Theilung sei unternommen als das einzige Mittel um einen großen Krieg unter den Ostmächten zu vermeiden, in diesen Aktenstücken auch gar keinen Anhalt, vielmehr eine entschiedene Widerlegung findet. Rußland wegen seiner Siege in der Türkei zu entschädigen, ist freilich ein Gedanke, den Friedrich gleich zu Anfang einmal ausspricht, den er dann aber wenigstens nicht besonders verfolgt, und der auch bei Katharina und ihren Ministern offenbar wenig Anklang findet: sie nehmen den Gewinn in Polen, ohne zunächst an ein Aufgeben ihrer Pläne gegen die Türken zu deuten. Oesterreich aber, das diese fürchtet und sich ihnen entgegenzutreten entschlossen zeigt, bleibt zu Anfang den polnischen Projecten fern, und daran, daß die Theilung gemacht wird, um dieses zu beschwichtigen und zu gewinnen, fehlt so viel, daß längere Zeit hindurch sehr ernstlich davon die Rede war, sie gegen Oesterreich auch mit den Waffen durchzuführen (II, p. 49 ff.). Daher verspricht auch Rußland statt Danzig dem König: il s'enAHAer Z. ns pa» 66po»er Is» armes, Hus^u' » oo HU6 cetto rmi»»imoe (Oesterreich) alt 6t6 adlige i>, äouuer «m Roi uue iuäernuits' »utli8»,uts, «'ost-H-äire, äan» 1s es,» od, eile Nttll^uerait 1s, I?i-u»»s (p. 65).

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