Page images
PDF
EPUB

gemeinhin als die erste Formulierung der Monroedoktrin angesehen werden, veranlaßt. Das war einmal der Streit der Vereinigten Staaten mit Rußland um ihre Grenze im nordwestlichen Amerika. Zum anderen war es die heilige Allianz und deren Anstalten, in den Freiheitskampf der Latin-Amerikanischen Kolonien einzugreifen.

1. Der Streit mit Rußland.

Der Streit mit Rußland nahm seinen Ausgangspunkt von einem Edikt des Zaren Alexander, das er über den Handel an der östlichen Küste von Sibirien, der Nordküste von Amerika, The Writings of the J. Monroe, Bd. VI (1817-1823), New York u. London 1902; Hunt, G., The Writings of James Madison, 9 Bde., 1900-1910, New York; Madison, James, Letters and other writings of James Madison (Auftrag des Kongresses der V. St.), 4 Bde., Philadelphia 1865; Moore, VI, 374 ff.; R and all, H. S., The Life of Thomas Jefferson, 3 Bde., New York 1858; Rush, Richard, Memoranda of a Residence at the court of London, comprising incidents, officials and personal from 1819-1825, including negotiations on the Oregon question and other unsettled questions between the U. S. and Great Britain, Philadelphia 1845; Sparks, Jared, The Writings of George Washington, 12 Bde., Boston 1837; Stapleton, Augustus Granville, The political life of the Right Honorabe George Canning, 1882-1827, 2. Aufl., 3 Bde., London 1831.

Vergl. ferner die folgende Literatur: Foster S. 438 ff.; Henderson S. 294 ff.; Moore, Dipl., 144 ff.; Morse, John T. jun.: J. Q. Adams (Bd. XV, d. Am. Statesmen. Ser.) 1900, 129f.; Reddaway, Kap. 1-5, S. 3 ff.; Snow, bes. S. 236 ff.; bes. Tucker, S. 1 ff.; Turner, F. J., Rise of the New West, New York u. London 1906, Bd. XIV, d. von Hart unter dem Namen,,The American Nation" herausgegebenen historischen Sammlung, vergl. bes. Kap. 12, S. 199 ff. dieses Werks (The Monroe Doctrine 1821-1823).

Vergl. im einzelnen zum Streit mit Rußland: Alaskan Boundary Tribunal, Sen. Doc. 162 58. Cong. 2. sess., bes. den Bd. III. Dort befindet sich auf S. 31 ff. die „Dipl. Corr. Rel. to the Treaty of 1824 between U. S. and Russia". Die englische Korrespondenz befindet sich ebenda S._57 ff.; Adams, John Q., Mem. VI. 1847 ff.; Am. State Papers For. Rel. V, 432 ff.: Correspondence and Convention with Russia relative to navigation and trade on the northwest coast of America; Benton, I. c. II, 667 ff.; B r. and For. State Papers, 1822-1823, S. 470 ff.; 1825-1826, S. 595 ff.; Moore, VI, § 934, 939; Moore, Arbitrations, I, Kap. 6, 169 ff.; Foster, S. 442 ff. L a t a n é, S. 79 ff.; Henderson, S. 330 ff.; Moore, Dipl., S. 150 ff. u. passim; Reddaway, an verschiedenen z. B. S. 43; Tucker, S. 12 ff.; Wheaton, § 168 ff. (S. 265 ff.); vergl. zu dem Streit auch die später beim Oregonstreit mit England unten S. 85 Anm. 7 angeführten Bücher, insbesondere Twiss (engl. Ausgabe) S. 74, 164; Falconer, S. 41 usw.

Vergl. im Einzelnen zur heiligen Allianz: Br. and For. State Papers, 1822-1823, S. 895 ff. (Cong. of Verona) u. 1823-1824, S. 49 ff.; Chateaubriand, F. A. de, Congress de Vérone, Paris 1866 (Bd. X der Oeuvres compl. de Chateaubriand; Ford, Am. Hist. Rev. VII, 682; Moore, VI, S. 374 ff.; Chadwick, Kap. 9, 156 ff. (,,The Holy Alliance and the invasion in Spain"); Hart, Found. S. 33 ff.; Henderson, S. 306 ff.; La ta né, Cap. II, 56 ff.; Moore, Dipl. S. 144 ff.; Redd a way, bes. Cap. II u. III (The international Situation in 1823); Snow, 236 ff. der auf S. 243 ff. die Texte der heil. Allianz und des Abkommens von Verona vom 22. XI. 1822 abdruckt; Taylor, § 105, S. 140 f.; Tucker, S. 1 ff.

den Aleuten, Kurilen und andern Inseln unter dem 4. September 1821 erlassen hatte.1) Auf Grund erster Besitznahme sowie langen, friedlichen, unbestrittenen Besitzes durch Rußland 2) nahm der Zar darin alles amerikanische Land im nordwestlichen Amerika hinab bis zum 51° nördlicher Breite in Anspruch. Er verbot fremden Handelsbetrieb sowie Seefahrt und Fischerei innerhalb eines Bezirks von 100 italienischen Meilen von der Nordwestküste Amerikas bis zum 51° nördlicher Breite und gestattete

,,das Treiben von Handel, das Fangen von Walfischen und jede andere Industrie auf allen Inseln, in allen Häfen und Golfen, einschließlich der gesamten Nordwestküste von Amerika von der Behringstraße an bis zum 51° nördlicher Breite, ebenso von den Aleuten zu der östlichen Küste von Sibirien und den kurilischen Inseln entlang von der Behringstraße zu dem Südkap der Insel Urup bis zum 45° 50′ nördlicher Breite, ausschließlich russischen Untertanen" (tatsächlich der Russisch-Amerikanischen Kompanie, die schon am 8. Juli 1799 vom Zaren Paul I. das Recht zum Jagen und zum Handelsbetrieb im nordwestlichen Amerika erhalten hatte).3)

Die Vereinigten Staaten bestritten alle russischen Territorialansprüche, soweit sie sich auf südlich vom 55° liegendes amerikanisches Land bezogen. Dieses Gebiet für sich selbst in Anspruch nehmend, erhoben sie unter dem 22. Februar 1822 gegen die russischen Forderungen Widerspruch 4) (ebenso übrigens wie der dritte Prätendent: England) und regten vertragsmäßige Regelung der Grenzen an. Die daraus folgenden Verhandlungen mit Rußland führten endlich zu dem St. Petersburger KompromißAbkommen vom 5./17. April 1824 5), durch das der 54° 40' Parallele

1) Alaskan Boun d. Trib. I, S. 25 ff., auch III, S. 19; Br. and For. State Papers, 1822-1823, S. 472 ff.; Moore, I, S. 890 f.; ders., Arbitrations I., S. 756 ff.

2) Brief des Chevalier de Politeca, Russ. Gesandter in Washington, v. 28. II. 1822, in Br. and For. State Papers, 1821-1822, S. 483 ff.

3) Text des betr. Ukases in Alaskan Bound. Trib. Bd. I, S. 22, sowie III, S. 16.

S. 482 ff.

Adams, zu Politeca, in B r. and For. State Papers, 1821-1822, ") Am. State Papers For. Rel. V, 432 ff.; Br. and For. State Papers, XII, S. 595; Moore, Arbitrations I, S. 755; Treaty Vol. 1910, S. 1512.

Über die Ansprüche Englands und die Verhandlungen zwischen ihm und den Vereinigten Staaten vergl. unten Seite 85 ff.

als die Grenze der beiden Staaten in Amerika ausgemacht wurde.1)

Im Verlaufe der Erörterungen mit Rußland gab der Staatssekretär der Vereinigten Staaten, John Quincy Adams, dem russischen Gesandten in Washington, Baron Tuyll, am 17. Juli 1823 eine Erklärung ab, die in der Monroebotschaft beinah wörtlich wiederkehrt. Adams bemerkte: 2)

,,daß wir (i. e. die Vereinigten Staaten) das Recht der russischen Regierung zu irgend einer territorialen Niederlassung auf diesem Erdteile bestreiten würden und daß wir mit aller Entschiedenheit das Prinzip annehmen würden, daß die amerikanischen Kontinente nicht länger Gegenstände für irgend welche neuen europäischen kolonialen Niederlassungen seien".")

Ganz ähnlich drückte er sich in einer Instruktion an den Gesandten der Vereinigten Staaten in London, Richard Rush, vom selben Tage aus, in der es u. a. heißt: 4)

,,Eine notwendige Folge dieses Zustandes der Dinge wird sein, daß die amerikanischen Kontinente fürderhin nicht mehr Gegenstände für Kolonisation sind."5)

Aus dem, was wir von den Beratungen von Monroes Kabinett über die dann am 2. Dezember 1823 verkündete Botschaft wissen, ergibt sich nichts über die Gründe, warum der Inhalt dieser diplomatischen Erklärungen außerdem noch durch die Botschaft der

1) Die aus diesem Vertrage sich ergebenden Auslegungsschwierigkeiten wurden Rußland gegenüber durch den im Jahre 1867 erfolgten Kauf Alaskas durch die Verein. Staaten gegenstandslos.

2) Adams, Mem. VI, 163.

In Anmerkung 1 ist vom Herausgeber dort bemerkt:,,The first hit of the policy so well known afterwards as the Monroe Doctrine".

3),,that we should contest the right of Russia to any territorial establishment on this Continent and that we should assume distinctly the principle that the American continents are no longer subjects for any new European colonial establishments."

4) Am. State Papers For. Rel. V, 447; die von Moore VI, 415, Adams zugeschriebenen und danach in seinen ,,Observationen" vom 22. Juli 1823 enthaltenen Bemerkungen finden sich tatsächlich in einem Schreiben des Grafen Fernan Nunez an Mr. Montmorin, Sekretär des französischen Auswärtigen Amtes, vom 16. Juni 1790. Vergl. Am. State Papers For. ReL. V, 445.

*) Er drückt diesen Gedanken noch ein drittes Mal in einem Schreiben ebenfalls vom 22. Juli 1823 an Rush aus (vergl. Am. State Papers For. Rel. V, 447).

großen Öffentlichkeit unterbreitet wurde. Die Kabinettsberatungen scheinen sich auf den gegen das gefürchtete Eingreifen der heiligen Allianz gerichteten Teil der Botschaft bezogen zu haben. Die gegen die russischen Kolonisationsversuche sich wendenden Bemerkungen dagegen sind allem Anscheine nach ohne Wissen des Kabinetts, ja ohne Prüfung durch Monroe vom Staatssekretär Adams später dem Botschaftsentwurfe zugefügt worden.1)

Man kann aber insbesondere aus der gewählten Fassung schließen, daß es dem Staatssekretär Adams weniger darauf ankam, dem Kongreß lediglich von stattgehabten diplomatischen Verhandlungen Mitteilung zu machen. Der von ihm offenbar verfolgte Zweck war vielmehr der, wie Richard Rush es später ausgedrückt hat, mit der Botschaft ,,andern Nationen eine Notiz zu geben".2)

2. Die heilige Allianz.

Das Wirken der heiligen Allianz und der aus ihr erwachsenen sogenannten Pentarchie der Großmächte, insbesondere der auf Grund der vom Kongreß von Verona getroffenen geheimen Abmachungen vom 22. November 1822 in ihrem Auftrage zur Wiederherstellung der Regierung Ferdinands VII. im Frühjahr 1823 erfolgende Einfall Frankreichs in Spanien wurde von den Vereinigten Staaten mit Besorgnis beobachtet. Man fürchtete dort insbesondere, daß die heilige Allianz zum Schutze des von ihr angenommenen Legitimitätsprinzips auch in den Freiheitskampf der amerikanischen Kolonien Spaniens eingreifen werde. Die Vereinigten Staaten hatten diese Kolonien, die sich seit dem Jahre 1810 von Spanien losgerissen hatten, bis zum Jahre 1823 größtenteils 3) als selbständige Staaten anerkannt.4)

1) Vergl. dazu insbesondere Calhouns Ausführungen, der ein Mitglied von Monroes Kabinett zur Zeit der Beratung der Botschaft war und am 15. Mai 1845 im Senat in einer Rede gegen die Monroedoktrin erklärte, seiner Erinnerung nach sei dieser Teil der Botschaft nie vom Kabinett beraten worden. Er äußerte bei dieser Gelegenheit weiter die Meinung, daß der vorsichtige Monroe ihn auch nie durchgelassen haben würde. (Vergl. dazu unten S. 99 f).

Vergl. über diese Kabinettsberatungen auch besonders Adams Tagebuch in seinen Memoiren Bd. VI, bes. von S. 177 an.

2) Rush, Mem. (Ausgabe 1845), S. 473, Eintrag unter dem 6. Jan. 1824 ,,The principle as promulgated in the Presidents Message, would remain undiminished, as Notice to other Nations, and a guide to me in the general negotiation with England when that came on“.

3) Noch nicht anerkannt war zur Zeit des Erlasses der Monroedoktrin Peru, das am 2. Mai 1826 von den Vereinigten Staaten anerkannt wurde; die Kon

Ebenso unruhig wie die Regierung der Vereinigten Staaten empfand die Regierung Englands die durch die heilige Allianz geschaffene Lage, nachdem George Canning dem diesem Bündnis günstig gesinnten Lord Castlereagh in der Leistung der britischen auswärtigen Angelegenheiten gefolgt war.

Canning1) begann im August 1823 mit Richard Rush. dem Gesandten der Vereinigten Staaten in London, Verhandlungen föderation zwischen Peru und Bolivia wurde am 9. Juni 1838, Bolivia wurde am 30. Mai 1848 anerkannt.

Die Föderation der zentralamerikanischen Staaten, bestehend aus Honduras, Guatemala, San Salvador, Nicaragua und Costa Rica erkannten die Vereinigten Staaten am 4. August 1824 an.

*) Die Anerkennung durch die Vereinigten Staaten erfolgte im einzelnen für: Vereinigten Staaten von Colombia am 18. oder 19. Juni 1822 (Colombia bestand damals aus New Granada, Ecuador und Venezuela; Venezuela wurde als selbständig anerkannt am 25. Febr. 1835, New Granada am 18. Sept. 1835, Ecuador am 15. Juni 1838). Über die Anerkennung von Panama, einer Provinz von New Granada, das den Namen Republic von Colombia angenommen hatte, vergl. unten S. 211.

Die Regierung von Buenos Aires wurde am 27. Jan. 1823 anerkannt (sie enthielt damals Uruguay, Paraguay und Argentinien; Uruguay wurde als selbständig anerkannt am 25. Jan. 1836 und Paraguay am 27. April 1852). Die Vereinigten Provinzen vom Rio de la Plata, ein Name, der eine andere Bezeichnung für dieselbe Regierung war, sind als solche nie anerkannt worden: vergl. Staatssekretär van Buren an Mr. Berrien unter dem 24. Sept. 1830. 23. MS. Dom. Let. 482 (M. VI, 91); Chile, anerkannt am 27. Jan. 1823; Mexiko, am 27. Jan. 1823; Costa Rica, als selbständig anerkannt am 24. März 1851; Guatemala am 5. April 1844, Honduras am 18. April 1853, Nicaragua am 24. Dez. 1849; San Salvador am 1. Mai 1849; die größere Republik von Zentralamerika (Honduras, Nicaragua, San Salvador) am 24. Dez. 1896.

Brasilien, eine portugiesische Provinz, wurde von den Vereinigten Staaten am 26. Mai 1824 als selbständig anerkannt.

Vergl. zu diesen Anerkennungsfragen insbesondere: Memor. on Method of recognition of foreign governments by U.S.1789-1897, 54 Cong. 2. sess. Sen. Doc. 40 (Bd. III, ser. Nr. 3469); M em o r. upon power to recognize independence of new foreign state, 1897, 54. Cong. 2. sess. Sen. Doc. 56 (ebenfalls in Bd. III, ser. Nr. 3469). Beide Dokumente sind anlässlich einer Senatsresolution, die Unabhängigkeit Cubas anzuerkennen, gedruckt worden.

Vergl. weiter die folgenden Werke:

Calvo, I, 243 ff.; Calvo, Charles, Annales historiques de la révolution de l'Amérique Latine accompagnées de documents à l'appui. Paris u. Madrid, 5 Bde. Bd. IV. u. V auch Buenos Aires, 1864-1867. (Die Texte sind in Spanisch).

Chadwick, Cap. VIII. The recognition of South America Independence, S. 148 ff.; Historicus, (Pseudonym für Sir William George Granville Vernon Harcourt): Lettres on some questions of International Law. London u. Cambridge, 1863, 1, 3-35; La ta né, 56 ff.; Moore, I, 85 ff.; Paxson, Frederic Logan, The Independence on the South American Republics; a study in recognition and foreign policy, Philadelphia 1903 (Bibliographie S. 253-264); Pilling, William, The Emancipation of South America, being a condensed translation by W. Pilling of the history of San Martin by general Don Bartolomé Mitre, first constitutional President of the Argentine Republic, London 1893.

1) Zu dem Folgenden vergleiche besonders Rush, Mem. Kap. XXI, 488 ff. (Communication from Mr. Canning on the affairs of Spanish America usw.).

« PreviousContinue »