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Schiedsgerichtsbarkeit in Übereinstimmung mit den Bestimmungen dieses Vertrages" übergeben werden.

Der Senat hatte insbesondere gegen diese letzte Bestimmung das (unbegründete) Bedenken, daß damit die Vereinigten Staaten zur Unterwerfung einer Frage unter ein Schiedsgerichtsverfahren gezwungen werden könnten, die, wie z. B. der Magdalena-Bay-Fall oder andere in den Umkreis der Monroedoktrin gehörige Angelegenheiten, nach Ansicht der Vereinigten Staaten nicht durch Schiedsverfahren erledigt werden dürften.

Er beschloß daher am 7. März 1912 das folgende Amendement: 1)

,,Daß der Senat zur Ratifikation des genannten Vertrages rät und ihr zustimmt, es dabei aber verstanden wissen will, daß der Vertrag nicht dazu ermächtigt, irgend eine Frage der Schiedssprechung zu unterwerfen, die . . . . von der Aufrechterhaltung der traditionellen Stellung der Vereinigten Staaten zu amerikanischen Fragen, gemeinhin als Monroedoktrin beschrieben abhängt oder sie in sich schließt.“ 2)

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Dieser Beschluß, mit dem der Senat sich übrigens in vollsten Widerspruch mit der Exekutive setzte, und durch den er das Inkrafttreten der beiden Verträge vereitelte,2) zeigt aufs deutlichste, daß wenigstens der Senat die Monroedoktrin als eine Schranke für Schiedsgerichtsbarkeit für die Vereinigten Staaten ansieht.

1) Cong. Rec., Bd. XLVIII Nr. 73 S. 3054 ff. (für England), eod. S. 3055 (für Frankreich).

2) Der englische Text dieser Resolution lautet folgendermaßen:,,That the Senate advises and consents to the ratification of the said treaty with the understanding that the treaty does not authorize the submission to arbitration of any question which effects the admission of aliens into the United States, or the admission of aliens to the educational institutions of the several States, or the territorial integrity of the several States or of the United States, or concerning the question of the alleged indebtedness or moneyed obligation of any State of the United States, or any question which depends upon or involves the maintenance of the traditional attitude of the United States concerning American questions, commonly described as the Monroe doctrine, or other purely governmental policy".

Der Präsident hat übrigens am 15. März 1912 identische Mitteilungen an den britischen und den französischen Botschafter in Washington gerichtet, in denen er seine Überzeugung ausspricht, daß der Plan der Annahme eines allgemeinen Schiedsvertrages auf der Basis des ursprünglichen Vorschlages nicht aufgegeben werden sollte. Er hat die Hoffnung ausgesprochen, daß der betreffende Botschafter dazu geneigt sein werde, die Verhandlungen fortzusetzen,,,mit der Absicht zu entscheiden, ob es nicht möglich wäre, die durch den amendierten Vertrag erwachsenen Schwierigkeiten zu überwinden." (Nach einer mir erteilten Auskunft.) Bei Abschluß dieses Abschnittes ist nichts von weiteren Schritten verlautbart.

6. Die Adressen der Monroedoktrin; von ihrer Durchführung und deren Mitteln; ihre räumlichen Herrschaftsgrenzen.

a) Allgemeines.

Die bisher gegebene Darstellung hatte sich mit der Entwicklung der sachlichen Herrschaftsgrenzen des ersten Unterprinzips der Monroedoktrin beschäftigt.

Zum Verständnis ihrer Eigenart und einer vollständigen Feststellung ihres gegenwärtigen Inhaltes ist hier weiter zu fragen, an wen sich dieses Unterprinzip richtet, auf welches Gebiet es sich erstreckt und was es über die Voraussetzungen und Mittel seiner Durchführung enthält, alles Fragen, über die bisher wenig Klarheit herrscht.

b) Die persönlichen Herrschaftsgrenzen
der Monroedoktrin.

Das erste Unterprinzip der Monroedoktrin spricht nach der Monroebotschaft über die Grenzen der politischen Tätigkeit europäischer Mächte den selbständigen amerikanischen Staaten gegenüber.

In der Botschaft und durch sie redete der Präsident der Vereinigten Staaten zum Kongreß.

Das änderte sich, als mit dem Eingehen ihrer Gedanken in das Allgemein bewußtsein des amerikanischen Volkes die Monroedoktrin zu einem Grundsatz der auswärtigen Politik der Vereinigten Staaten wurde.

Die Panama-Konferenz von 1826.

Schon im Jahre 1825 wurde der Versuch gemacht, die Monroedoktrin in dieser Beziehung grundlegend umzugestalten und sie zu einer Art Leitfaden aller amerikanischen Staaten in ihrem Einzelverhalten bei europäischen Angriffen auf sie umzuformen.

Anlaß dazu gab die Frage danach, welche Haltung die Vereinigten Staaten gegenüber der von Bolivar, dem Befreier von Spanisch-Amerika, zur Herbeiführung naher politischer Verbindungen zwischen den amerikanischen Republiken nach Panama

zusammengerufenen und dort vom 26. Juni 1826 an tagenden Konferenz einnehmen sollten.1)

In einer Sonderbotschaft zum Senat vom 26. Dezember 1825 erklärte Präsident John Quincy Adams als einen der Gegenstände, die auf der Konferenz verhandelt werden sollten: 2)

,,Ein Abkommen zwischen allen auf der Versammlung vertretenen Parteien, dahingehend, daß jede mit ihren eigenen Mitteln gegen die Errichtung einer zukünftigen europäischen Kolonie in ihren Grenzen wachen solle."

In seiner ausführlichen Botschaft, die er am 15. März 1826 dem Haus in Ausführung eines Verlangens zugehen ließ, möglichst vollständig die Korrespondenz der Vereinigten Staaten mit den auf dem Panama kongreß vertretenen Regierungen und allgemein über den Charakter dieser Versammlung Information vorzulegen, bemerkte Adams unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Monroebotschaft und wörtlicher Anführung größerer Teile derselben: 3)

,,Sollte es angezeigt erscheinen, irgend ein förmliches Abkommen über dieses Thema einzugehen, so würden sich unsere

1) Zur Panama konferenz vergl. die folgende Literaturauswahl: International American Conference, reports of commitees and discussions thereon, Bd. IV, Hist. Appendix, The Congress of 1826, at Panama usw., Washington 1890; Sen. Ex. Do c. 34, 19. Cong. I. sess.; C ongressional Debates, 1825-1826, 19. Cong. 1. sess., Appendix S. 43 ff.; Am. State Papers, For. R el., V S. 834 u. VI S. 383; Stat. at Large, IV S. 158; Br. and For. State Papers, XIII S. 389 f, XV S. 832 ff.; Alvarez, 1910 S. 46 ff.; Beaumarchais, S. 59 ff.; Benton, Thirty Years View usw., Bd. I, Cap. XXV; Chadwick, Cap. XI S. 205 ff.; Edgington, S. 55 ff.; Foster, S. 451 ff.; Fried, Alfred H., Pan-Amerika 1910, S. 9 ff.; Haeberlin, S. 13 f.; Henderson, S. 342 ff.; v on Holst, Constitutional History of the United States, Bd. I S. 409 ff.; Keasbey, S. 136 ff.; Lyman, Diplomacy of the United States II S. 467 ff.; Lawrence, S. 285 ff.; Pétin, S. 78 ff.; Pradt, D. D. de, Congress de Panama, Paris 1885; auch Reinsch, Paul S., die internationale Konferenz und das Pureau der amerikanischen Republiken; in Kohlers Zeitschr, III (1909) S. 432 ff.; Snow, S. 294 ff.; Tucker, Cap. III S. 23 ff.

2) Am. State Papers, For. Rel., V S. 834; B r. and For. State Papers, Nr. 825-826 S. 391 ff.; Richardsons Mess., II S. 318 ff.

Der englische Text lautet:,,An agreement between all the parties represented at the meeting that each will guard by its own means against the establishment of any future Europeen colony within its borders might be found advisable.“

3) Richardsons Mess., II S. 329 ff., besonders S. 334 ff. Englischer Text:,,Should it be deemed advisable to contract any conventional engagement on this topic, our views would extend no further than to a mutual pledge of the parties to the compact to maintain the principle in application to its own territory". Die Stelle fährt übrigens fort:,,And to permit no colonial lodgements or establishments of Europeen jurisdiction upon its own soil.“

Absichten nicht über die gegenseitige Verpflichtung der Parteien zur Aufrechterhaltung des Prinzips in Anwendung auf ihr eigenes Gebiet hinaus erstrecken."

Das bedeutete in der Tat den Versuch, die Monroedoktrin gegenüber ihrem Inhalt nach der Monroebotschaft von Grund aus umzuwandeln. Es war, wie Henderson bemerkt hat, tatsächlich die Erklärung einer neuen Doktrin des Inhaltes:

,,Laßt jeden Staat die Integrität seines eigenen Gebietes verteidigen." 1)

Die Monroedoktrin als eine Doktrin der Vereinigten Staaten. Diese Ideen Adams sind nie zum Inhalte der Monroedoktrin geworden. Die Vereinigten Staaten haben sie nie wieder aufgenommen. Es ist im Gegenteil stets das hervorragendste Charakteristikum der Monroedoktrin gewesen und geblieben, daß die Vereinigten Staaten den Ausschluß nichtamerikanischen Einflusses von jedem und von irgend welchem Teile der amerikanischen Kontinente als eine ihnen für das ganze Gebiet Amerikas obliegende Aufgabe ansahen; nie aber haben sie es für den Inhalt der Monroedoktrin gehalten, daß jede amerikanische Nation für sich selbst ihr eigenes Gebiet gegen nichtamerikanische Angriffe schützen und verteidigen solle.

Die Monroedoktrin ist stets eine Doktrin der Vereinigten Staaten geblieben.

Dagegen war schon die Monroebotschaft ihrer Aufgabe und Wirkung nach mehr als nur eine innerstaatliche Emanation der Vereinigten Staaten. Sie war zugleich eine ,,warnende Notiz" an die Welt.2)

So hatte sie Richard Rush verstanden.3)

Auch Henry Clay hatte sich ähnlich wie jener ausgedrückt, indem er in einer Instruktion vom 25. März 1825 an den Gesandten der Vereinigten Staaten in Mexiko, Mr. Poinsett, geschrieben hatte: ,,Dieses Prinzip wurde in das Gesicht der Welt erklärt." 4)

1) Vergl. S. 357; vergl. auch Carrol, die Annexation von Texas usw. S. 57, vergl. oben S. 83 Anm. 1, sowie Keasbey, S. 139:,,This was the Monroe doctrine reduced to a mere phrase."

2) Vergl. oben S. 44.

3) Ebenso z. B. Foster, S. 447; Henderson, S. 338.

4) Br. and For. State Papers, XIII S. 485 ff.

So hatte sie auch der Präsident Polk aufgefaßt, der es ausdrücklich ausgesprochen hatte, sie sei der Welt verkündet worden.1)

Und der gleichen Meinung war Calhoun gewesen.2)

So ist sie dauernd verstanden und behandelt worden; und in dieser Weise hat sie auch unmittelbar gewirkt, denn sie wurde zu einem der Gründe für die heilige Allianz, ihre Pläne in bezug auf die latin-amerikanischen Staaten nicht auszuführen.

Die Geschichte hat in dieser Richtung eine Klarstellung gebracht:

Die Monroedoktrin als ein Verbot an die nichtamerikanischen Staaten und nur sie.

Die Monroe botschaft richtete ihre Verbote an die europäische Staatenwelt. Daß die Monroe doktrin nicht nur diese beschränkt, sondern jedes nichtamerikanische Staatswesen schlechthin, ist neuerdings wiederholt ausgesprochen worden und ist zweifellos nunmehr als der Inhalt der amerikanischen öffentlichen Meinung anzusehen.

Roosevelt erklärte in dieser Hinsicht in seiner Jahresbotschaft vom 3. Dezember 1901,3) der Inhalt der Monroedoktrin sei der, daß keine Gebietsvergrößerung einer nicht amerikanischen Macht auf Kosten einer amerikanischen in Amerika stattfinden dürfe.

Auch der Bericht der Interozeanischen Kanalkommission an den Senat vom Jahre 1901 ist hier zu erwähnen. Denn dort ist bemerkt, daß durch die Frage der Eigentümerschaft eines isthmischen Kanals seitens einer asiatischen oder europäischen Macht eine Verletzung der Monroedoktrin drohe.4)

Und endlich haben die Vereinigten Staaten bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, nämlich dem Magdalena-Bay-Falle, nicht einen Augenblick gezögert, die Monroedoktrin gegen Japan anzuwenden. Hervorzuheben ist ganz besonders, daß die betreffende Senatsresolution vom 2. August 1912 nicht mehr von Europa spricht, auch nicht Japan ausdrücklich erwähnt, sondern sich gegen die gesamte nicht amerikanische Staatenwelt richtet.5)

1) Siehe oben S. 91.

2) Siehe oben S. 99.

3) Vergl. oben S. 225 Anm. 2 und besonders For. Rel., 1901, XXXVI. 4) Vergl. oben S. 215.

5) Vergl. oben S. 230 ff.

Diese Tatsachen werden in der Literatur noch nicht genügend berücksichtigt. Dort wird gemeinhin noch angenommen, daß der hier in Betracht kommende Teil der Monroedoktrin ein gegen die europäischen Mächte gerichtetes Verbot sei.

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