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Am 2. August 1912 stand die Angelegenheit wiederum beim Senate zur Verhandlung. Dieser hatte durch Resolution vom 16. Mai 1912 den Staatssekretär ersucht, ihm Kopien von Briefen des Anwaltes oder anderer in Magdalena-Bay interessierter Personen oder die Antworten darauf zu übermitteln.1)

Der Präsident hatte daraufhin die Korrespondenz des Staatssekretariats mit Mr. Allen übersandt.

Senator Lodge hatte am 31. Juli 1912 als Ergebnis der Verhandlungen des Komitees für auswärtige Angelegenheiten eine Resolution eingebracht, die nur unwesentlich von der zu Anfang dieser Darstellung wiedergegebenen und vom Senate angenommenen abwich.2)

Zur Begründung der Resolution erklärte Senator Lodge im Verlaufe der Debatte, die zum Teil bei geschlossenen Türen geführt wurde, seinen früheren Standpunkt teilweise ändernd, u. a. folgendes:3)

Die Resolution beruhe auf dem allgemein anerkannten Prinzip des Völkerrechts, das älter als die Monroedoktrin sei. Sie stütze sich auf den Grundsatz, das jede Nation das Recht habe, ihre eigene Sicherheit zu schützen, und daß wenn sie fühle, der Besitz eines bestimmten Hafens oder Platzes durch eine fremde Macht für militärische oder maritime Zwecke sei für ihre Sicherheit gefährlich, daß es dann sowohl ihre Pflicht wie ihr Recht sei, einzuschreiten.4)

Verkaufsverhandlungen über die Galapagos

Inseln und die Vereinigten Staaten 1866.

Die Eigenart dieses Falles tritt besonders hervor, wenn man die Haltung der Vereinigten Staaten in ihm mit derjenigen vergleicht, die sie im Jahre 1866 einnahmen, als ihre Regierung Mitteilung davon erhielt, daß Verhandlungen über den Verkauf der zu Ecuador gehörigen Galapagosinseln an englische Gläubiger dieser Republik bestünden.5)

value and might establish a coaling station, is just as much to be guarded against by the United States as if it were done directly by a foreign Government. The thin veil of a corporation does not alter the character of the act.“

1) 62. Cong. 2. sess. Sen. Do c. 694, S. 1.

2) In der letzten Zeile stand vor dem Worte,,Zwecke",,nationale", das wurde in,,maritime oder militärische“ geändert.

Cong. Rec., 62. Cong. 2. sess., Bd. XLVIII Nr. 200 S. 10 800 ff.

3 Vergl. Conc.' be. vom 2. Aug. 1912, 62. Cong., 2200 5,108 XXXVIII,

Nr. 200 S. 10 800.

5) Vergl. Coggeshall an Staatssekretär Seward unter dem 28. Okt. 1866, Dipl. Corr. 1866, II S. 481.

Die amerikanische Regierung kam damals nicht auf den Gedanken, daß sie dagegen Widerspruch zu erheben hätte, geschweige denn, daß in solchem Verkaufe eine Verletzung der Monroedoktrin liege.

Staatssekretär Seward erklärte sodann in einem Schreiben an Mr. Coggeshall vom 5. Dezember 1866 folgendes:1)

,,Wenn Ecuador Anspruch auf diese Inseln hat, so sehe ich keinen Grund, auf den hin diese Regierung das Recht Ecuadors in Frage stellen könnte, den Boden an solche Privatpersonen, die ihn etwa zu kaufen wünschen, zu übertragen, sei es, daß sie nun Untertanen oder Bürger eines oder eines anderen Staates oder Landes sind."

Ergebnisse.

Wenn man nun nach den Ergebnissen fragt, die aus der Magdalena-Bay-Angelegenheit für die Monroedoktrin folgen, so sieht man zunächst, daß diese hier das erste Mal gegen Japan praktisch angewendet wird. Hierüber ist später noch zu reden.2)

Für die Geschichte der sachlichen Herrschaftsgrenzen der Monroedoktrin hat der Fall folgende Bedeutung:

Es wird hier der Erwerb eines Stückes amerikanischen Bodens durch eine außeramerikanische Privatgesellschaft als der Monroedoktrin widersprechend erklärt. Dies geschieht, weil und insoweit als der Besitz dieses Gebietes in den Händen einer fremder Staatsgewalt unterstehenden Gesellschaft jenem ausländischen Staate eine günstige Gelegenheit zum Erwerbe einer politischen Kontrolle in Amerika zu geben und auf indirektem Wege die Gefahr der Vermehrung politischer Macht jenes Staates in Amerika zu begründen geeignet scheint.

Darin liegt eine Wiederbestätigung aller drei Gedanken, die in der Panama kanal-Angelegenheit zum Ausdrucke gelangt waren.

1. Auch in dem Magdalena-Bay-Falle kommt es für die Frage, ob eine Verletzung der Monroedoktrin vorliegt, nicht darauf an, daß die betreffende Handlung eine Gewalthandlung ist. Im Gegen

1) eod. S. 483.,,If Ecuador is invested with the title to those islands, I know no reason upon which the government could question the right of Ecuador to convey the soil to such private persons as should desire to buy, whether they should be the subjects or citizens of one state or country or of another."

2) Siehe unten S. 280.

teil: das dort untersagte Geschäft ist ein friedliches privates Handelsunternehmen.

2. Der Erwerb des betreffenden Gebietes ist nach der LodgeResolution ganz entsprechend dem Panamakanal-Falle (oder auch der dominikanischen Schuldenangelegenheit) nicht deshalb unzulässig, weil die betreffende Handlung (hier der Erwerb amerikanischen Gebiets durch eine Privatgesellschaft) einem außeramerikanischen Staate eine erhöhte politische Macht in Amerika unmittelbar in die Hände zu geben geeignet ist. Er ist mit Rücksicht darauf untersagt, daß er vielleicht zur Grundlage für eine solche Machtsteigerung werden könnte. Dieser Erwerb wird durch die Resolution als gefährlicher, vorbereitender Schritt in dieser Richtung auf Grund der Monroedoktrin verboten.

3. Endlich wird auch hier wieder eine Handlung privaten Handelsverkehrs für unzulässig erklärt.

Auch dieser Fall ist deshalb wieder ein Beleg dafür, daß die Monroedoktrin zur Schranke für den privaten Handelsverkehr in Amerika zu werden beginnt.1)

a) Allgemeines.

3. Kleinere Fälle.2)

Mit dem Gesagten ist die Geschichte der sachlichen Herrschaftsgrenzen des an nichtamerikanische Mächte gerichteten ersten Unterprinzips der Monroedoktrin über die großen, die Marksteine in dieser Geschichte bildenden Ereignisse bis zur Gegenwart geführt.

1) Hier verdient ein anderes Ereignis Erwähnung, von dem es schien, daß es zu einem Parallelfalle der Magdalena-Bay-Episode werden könne. Nach einer Veröffentlichung Sir Edward Law Durands, des Vorsitzenden der Internationalen Organisation,,Patentia", (vergl. New York Times vom 25. Febr. 1912) war das dänische Parlament in jener Zeit drauf und dran, einem privaten Syndikat eine Konzession zur Übernahme des Hafens von St. Thomas (Dänisch Westindien) zu erteilen. Diese Konzession sollte das Recht der unbeschränkten Weiterüberlassung und des Weiterverkaufs der erworbenen Ansprüche haben. Durand sah in dieser Konzessionserteilung eine praktische Überantwortung der dänischen Hoheitsrechte über den Hafen von St. Thomas an das Syndikat und veröffentlichte deshalb jenen Artikel mit der Warnung, diese Angelegenheit sei eine schwere Drohung, die möglicherweise den Frieden der Welt gefährden könne, wobei er besonders auf die Lage der Insel zum Panama-Kanal hinwies.

Das Parlament gewährte dann übrigens in der Tat dem dänischen Synaikat eine Konzession. Aber diese,,was returned to the Danish Government, because the Syndicate was unable to raise the necessary amount of money in Denmark. (Auskunft des dänischen Gesandten in Washington). Die Zeitungen der Vereinigten Staaten ereiferten sich auch in diesem Falle wieder über eine drohende Verletzung der Monroedoktrin. Vergl. hier auch das unten auf S. 321 Bemerkte.

2) Infolge der Unzugänglichkeit des in Betracht kommenden Materials ist es mir trotz größter Bemühungen nicht gelungen, hier mehr als Fragmente zu geben.

Nicht dagegen sind damit alle in Betracht kommenden Begebenheiten erwähnt.

Es scheint von einigem Interesse zu sein, hier auch noch eine Anzahl kleiner, größerer Bedeutung entbehrender diplomatischer Episoden, in denen die Monroedoktrin eine Rolle gespielt hat, zu erwähnen.1)

b) Europäische Einmischungsversuche in Ecuador 1848.

Als erstes Ereignis mag hier auf die Haltung hingewiesen werden, welche die Vereinigten Staaten um das Jahr 1848 gegenüber europäischen Eingriffsversuchen in Ecuador einnahmen.

Über dieses Ereignis, das als eine Art Vorbote der Stellung der amerikanischen Regierung in der großen mexikanischen Intervententionstragödie erscheint, ist nur wenig bekannt geworden.2)

Aus einer Instruktion des Staatssekretärs Buchanan an Mr. Livingston, Gesandten der Vereinigten Staaten in Ecuador, ersehen wir jedoch folgendes: 3)

General Flores, ein früherer Präsident von Ecuador, hatte in Europa eine Expedition gegen diese Republik organisiert. Es gingen Gerüchte, daß einige europäische Regierungen ihre Hände dabei im Spiel gehabt hätten. Diese Nachricht erregte in Zentralamerika große Aufregung. Man nahm dort an, daß ihr

1) Alvarez, z. B. A. J., III S. 315, 323 und nach ihm auch noch andere Schriftsteller (vergl. z. B. Bonfils, S. 182 Nr. 3002) sehen einen weiteren Anwendungsfall der Monroedoktrin darin, daß die Vereinigten Staaten im Jahre 1895 der Abtretung der Corn-Inseln von Nicaragua an England widersprochen hätten.

In den Archiven des amerikanischen Auswärtigen Amts, auch in dem ungedruckten Material, erscheint nichts, was diese Behauptung stützen könnte. Man findet dort Korrespondenz in bezug auf politische Fragen zwischen Colombia und Nicaragua im Jahre 1888; die For. Rel. für 1895 enthalten Korrespondenzen zwischen England und Nicaragua in bezug auf die Einsperrung und Vertreibung des britischen Konsuls Hatsch; die Frage der Cession der Corn-Inseln ist dort jedoch nicht berührt. (Nach einer mir erteilten Auskunft aus dem amerikanischen Auswärtigen Amt.)

Dagegen kann man einen Anwendungsfall der Monroedoktrin in dem oben erwähnten Verhalten der Vereinigten Staaten gegenüber der brasilianischen Marine revolte im Jahre 1893 sehen, vergl. oben S. 70.

2) Es ist zu bemerken, daß die Vereinigten Staaten bis zum Jahre 1848 keine Legation in Ecuador hatten.

3) MS. Inst., Ecuador I S. 3 (M., VI S. 473): Brief Staatssekretärs Buchanan vom 13. Mai 1848; vergl. auch die diplomatische Korrespondenz in Dipl. Corr. 1863, Teil I u. II, als Gerüchte verlauteten, Frankreich habe im Jahre 1863 Absichten auf Ecuador. Vergl. besonders die Instruktion Staatssekretärs Sewards an Mr. Dayton, Gesandter der Vereinigten Staaten in Frankreich, vom 25. Juli 1863, worin er Dayton zur Erörterung über diese Angelegenheit anweist, eod. I S. 685; vergl. auch den Bericht Daytons vom 21. Aug. 1863, wonach die französische Regierung alles ableugnet, eod. S. 689.

eigentliches Ziel ausgedehnter und bedeutungsvoller als ihr scheinbares sei.

Die Vereinigten Staaten wurden von dieser Angelegenheit, die übrigens durch die Verhaftung des General Flores rechtzeitig zu Ende kam, sowohl vom Minister für auswärtige Angelegenheiten von Ecuador (Schreiben vom 26. November 1846), wie auch durch die Regierung von Peru in Kenntnis gesetzt.

Die amerikanische Regierung nahm darauf Anlaß, ihren Vertreter in Ecuador zu beauftragen, er möge dem Minister für auswärtige Angelegenheiten in Ecuador folgendes erklären:

,,Daß die Intervention oder das Vorschreiben, direkt oder indirekt, seitens europäischer Regierungen in Angelegenheiten der unabhängigen Staaten der amerikanischen Hemisphäre von der Regierung der Vereinigten Staaten niemals mit Gleichgültigkeit angesehen werden wird. Im Gegenteil werden zumindest alle in ihrer Macht stehenden moralischen Mittel bei jeder Gelegenheit zur Anwendung gebracht werden, um solche Einmischung zu entmutigen und zu hemmen."

c) England und die Tiger-Insel 1849.1)

Als ein weiterer Fall verdient hier Hervorhebung das Verhalten des Vertreters der Vereinigten Staaten in Nicaragua, Mr. Squier, gegenüber den Bemühungen Englands, die Tigerinsel zu erwerben.

Dieser Fall kommt nicht als ein Anwendungsfall der Monroedoktrin durch die amerikanische Zentralregierung in Betracht, die schließlich dem Vorgehen ihres Vertreters die Bestätigung versagte. Er zeigt aber den Geist, der die amerikanische Diplomatie in bezug auf ihr Dogma des Verbotes nichtamerikanischer Kolonisation in Amerika beseelt.

Die Tigerinsel liegt direkt vor der Küste des amerikanischen Kontinents im Golf von Fonseca, dort, wo der damals projektierte Kanal über die Nicaraguaroute seinen Ausgang finden sollte.

1) Vergl. zu dieser Angelegenheit die oben S. 100 ff. auch die auf S. 183 ff. gemachten Ausführungen zur Geschichte des Panamakanals.

Vergl. auch folgende Literatur: Br. and For. State Papers, XL S. 953 ff. Corr. with the United States respecting Central America (1849-1851), besonders S. 997 ff. auch 1019; Canal Córr. 1900, S. 361 f. Sen. Ex. Do c. Nr. 43, 31. Cong. 2. sess. (1850-1851 Bd. V): Information in relation to the difficulties between the British authorities and San Salvador; Moore, III S. 135; vergl. auch S. 183; Keasbey, S. 199 ff.; Tucker, S. 47.

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