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... daß mit Hinsicht auf die Doktrin, die von Präsident Monroe im Jahre 1823 niedergelegt worden ist, betreffs zukünftiger Kolonisation auf dem amerikanischen Kontinente durch europäische Staaten, sie nur als das Diktum der verdienstvollen Persönlichkeit, die sie ausgesprochen hat, angesehen werden könne und nicht als ein internationales Axiom, das die Haltung der europäischen Staaten bestimmen sollte".

Auch Staatssekretär Bayard griff im Jahre 1888 in seiner Instruktion vom 23. November an Mr. Phelps, in der er sich gegen die Fortsetzung des englischen Protektorats über das MosquitoTerritorium wendete, auf die Monroedoktrin zurück, indem er bemerkte: 1)

,,Die Vereinigten Staaten können nie die Wiedererrichtung eines solchen Protektorats mit Gleichgültigkeit ansehen. Nicht allein würde die Ausdehnung europäischen Einflusses auf diesem Kontinent der traditionellen und häufig ausgesprochenen Politik der Vereinigten Staaten entgegengesetzt sein. . . ."

Und endlich mag auch noch an die bereits oben angeführte Instruktion des Staatssekretärs Evarts an Mr. Logan vom 4. März 1880 2) erinnert werden, in welcher Evarts einen Erwerb der Bay-Inseln durch England unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Monroedoktrin als unleidlich für die Vereinigten Staaten erklärte.

Bei den zugrunde liegenden Vorgängen (mit Ausnahme des englischen Versuchs vom Jahre 1880, die Bay-Inseln zu kaufen) handelte es sich durchgängig um Nichtbeachtungen der ursprünglichen Monroedoktrin.

So war durch die Situation keine Gelegenheit geboten, der Monroedoktrin durch Anwendung auf einen von der Monroebotschaft nicht umfaßten Fall einen erweiterten Inhalt zu geben.

Nur Bayard, der in seiner Instruktion vom 23. November 1888 jede Ausdehnung europäischen Einflusses auf den amerikanischen Kontinenten schlechtweg als mit der Monroedoktrin im Widerspruch stehend erklärt, gibt ihr, der tatsächlichen Entwicklung vorgreifend, einen Umfang, der sogar über die von Polk herbeigeführte Erweiterung hinausgeht.

1) For. Rel. 1888, I S. 759 ff.

2) Siehe oben S. 111.

d) Europäische Eingriffsversuche und Interventionen in Mexiko in den Jahren 1858-1867.1)

Den nächsten bedeutungsvollen Anwendungsfall der Monroedoktrin bilden die Ereignisse, die sich um die Intervention Frankreichs in Mexiko gruppieren.

Das Vorgehen Englands, Frankreichs und Spaniens.

Diese Intervention wurde eingeleitet durch ein gemeinsames Vorgehen Englands, Frankreichs und Spaniens gegen Mexiko. Den Anlaß hierfür bildete die Nicht befriedigung vermögensrechtlicher, teils auf erlittener Gewalt, teils auf Schuldverträgen beruhender Ansprüche englischer, französischer und spanischer Untertanen seitens des durch langjährige politische Unruhen tief zerrütteten Mexikos.

Die ersten Nachrichten von europäischen Eingriffsabsichten in Mexiko erhielten die Vereinigten Staaten im Jahre 1858,

1) Aus der ausgedehnten Literatur über den hier behandelten Fall vergl. die folgende Auswahl: Dokumentarisches Material findet sich vor allem in den Br. and For. State Papers, der Diplomatischen Korrespondenz und den For. Rel. der betreffenden Jahre. Vergl. weiter insbesondere:

37. Cong. 2. sess. H. Ex. Do c. 100 (1861-1862): Present condition of Mexico; 37. Cong. 3. sess. H. E x. Do c. 54 (1862-1865 im Bd. VI): The president condition of Mexico, 38. Cong. 1. sess. Sen. Ex. Do c. 11 (1864-1865); 39. Cong. 1. sess. Sen. Ex. Doc. 59 (1865-1866): French occupation of Mexico, 39. Cong. 1. sess. Sen. Ex. Doc. 54 (1865–1866): Austrian Toops for Mexico (dieses Dokument ist auch in 39. Cong. 1. sess. Sen. Ex. Do c. 73 im Appendix III enthalten); 39. Cong. 1. sess. Sen. Ex. Do c. 73 (1865–1866) Teil I u. II; Moore, V Ś. 789, VĨ S. 477 ff.; Moore, Arbitrations, II S. 1289 ff.; Bancroft, Frederic, The French in Mexico, Pol. Sc. Quart., XI (1896) S. 30 ff.; de Barral - M., S. 86 ff.; Beaumarchais, S. 80 ff.; Callahan, James Morton, Diplomatic History of the Southern Confederacy, Baltimore 1901; Calvo, I, § 196 ff. S. 337 ff.; Céspedes, S. 255 ff.; Darau, Victor, Le général Miquel Miramon Notes sur l'histoire du Mexique, Rom 1886; Domenech, Histoire du Mexique usw., Paris 1868; Duniway, Clyde Augustus, Reasons for the withdrawal of the French from Mexico, in A m. His t. Ass. Ann. Rep., 1902, Bd. I Nr. 14, S. 313 ff Duvenois, Clém., Histoire de l'Intervention française au Mexique, 1862-1867, Brüssel 1867; Edgington, Cap. XV. S. 119 ff.; Foster, S. 401 ff.; Goulot, Paul, La Vérité sur l'expédition du Mexique d'après les documents inédites de Ernest Louet, Paris 1889-1890; Henderson, S. 389 ff.; Latané, Cap. V S. 221 ff.; Lefevre, Eugène, Documents officiels receuillis dans la sécrétarie privée de Maximilian usw., 2 Bände, Paris 1870; Richthofen, E. v., Die Mexikanische Frage, Berlin 1862; Riva, Mariano Palacio, Memorandum sobre el proceso del archiduque Fernando Maximiliano de Austria usw., Mexiko 1867; Mercier de Lacombe, Le Mexique et les Etats-Unis, Paris 1863; Pa yno, Flores Manuel, Mexico and her financial question with England, Spain and France, Mexico 1862; Pétin, S. 166 ff.; Schmit v. Ta vera, Ernst Ritter, Geschichte der Regierung des Kaisers Maximilians I. und der französischen Intervention in Mexiko, 1861-1867, Wien u. Leipzig, 2 Ede. 1903 (Vorwort von Franz Weisl); Taylor, S. 149 f. u. S. 414 ff.; Tucker, S. 92 ff.

als sie erfuhren, daß spanische Truppen und Seekräfte im Begriff seien, Mexiko anzugreifen. Hiermit verband sich das Gerücht, daß Spanien damit zugleich die Absicht verfolge, politischen Einfluß in Mexiko zu erwerben.

Staatssekretär Cass instruierte darauf den Gesandten der Vereinigten Staaten in Spanien, Mr. Dodge, unter dem 21. Oktober 1858 vertraulich dahin,1) daß die Vereinigten Staaten der Unterwerfung irgend eines der unabhängigen Staaten in Amerika unter europäische Mächte oder irgend einen direkten politischen Kontrolleinfluß von deren Politik oder Einrichtungen nicht zustimmen würden.

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Er bemerkte dazu, daß diesem Entschlusse, was auch immer die Konsequenzen sein würden,,,unbeugsam" angehangen werden würde. Er beauftragte Dodge, zu günstiger Stunde die Aufmerksamkeit der spanischen Regierung auf diese Angelegenheit zu lenken und sie von dem Interesse zu unterrichten, das die Regierung der Vereinigten Staaten der Sache entgegenbringe, und sie eine deutliche Bezugnahme auf die Monroedoktrin selben Zeit an die damit zusammenhängende Politik erinnern, die wiederholt seitens der Vereinigten Staaten erklärt worden ist und von der, allem menschlichen Ermessen nach, niemals abgegangen werden wird". Er erklärte weiter, daß die Gründe eines Krieges zwischen Frankreich und Mexiko die Vereinigten Staaten nichts angingen, und daß sie es nicht übernehmen, ein Urteil darüber abzugeben. Ihre Politik des Zusehens so fügte Cass an - finde jedoch ein Ende im Falle dauernder Unterjochung irgend eines Teiles des Gebietes von Mexiko oder eines anderen amerikanischen Staates unter irgend eine europäische Macht, welche es auch sein möge.2)

Nach Absendung dieser Instruktion wurde die Regierung der Vereinigten Staaten übrigens durch den Spanischen Gesandten in Washington, Mr. Tassara, mündlich beruhigt und über die Absichten der spanischen Regierung dahin aufgeklärt, daß diese mit der Flottensendung lediglich den Schutz von Person und Eigentum spanischer Untertanen in Mexiko, sowie Genugtuung für das diesen zugefügte Ungemach im Auge habe.2)

1) MS. Inst., Spain XV, 187 (M., VI S. 477 f.)

*) Moore, VI S. 478.

Die amerikanische Regierung beauftragte daraufhin ihren Vertreter in Spanien, der spanischen Regierung ihre Genugtuung über Tassaras Versicherung abzugeben. Sie instruierten ihn aber zugleich, hinzuzufügen, daß die Vereinigten Staaten die Freiheit. Mexikos von fremder Kontrolle als wesentlich für die richtige Politik der unabhängigen amerikanischen Staaten ansehe und daß jeder Versuch, dieses Land zu unterwerfen, oder zu besitzen von den Vereinigten Staaten als ein unfreundlicher Akt angesehen und von ihnen mit Festigkeit opponiert werden würde.1)

Im Jahre 1859 machte auch England Anstalten, gegen Mexiko vorzugehen. Am 4. April 1859 schrieb der englische Konsul an die Regierung der Vereinigten Staaten, die englische Regierung habe sich entschlossen, die Gelegenheit der Anwesenheit einer englischen Flotte im Golf von Mexiko dazu zu benutzen, um gegen. die liberale Regierung in Vera Crux Schritte zu ergreifen und dieBezahlung der englischen Ansprüche zu erzwingen.

Der Standpunkt der Vereinigten Staaten war dem gegenüber genau der gleiche wie der, den sie Spanien gegenüber eingenommen. hatten.

Cass instruierte unter dem 12. Mai 1859 Mr. Dallas dahin, Lord Malmesbury gegenüber zu erklären,2) daß die Vereinigten Staaten sich kein Recht anmaßten, über die Gründe von Klagen Englands gegen Mexiko zu Gericht zu sitzen, noch auch über die von England zur Erlangung von Genugtuung gewählten Maßnahmen.. Er fügt dann unter Hinweis auf das tiefe Interesse der Vereinigten Staaten an der Ruhe und Stetigkeit Mexikos einige freundliche ,,Suggestionen" an. Endlich sprach er die Hoffnung aus, daß England die Entscheidung über Anwendung von Gewalt gegen Mexiko nochmals nachprüfen und eine gelegenere Zeit dafür abwarten möge.

Als im Juli 1860 England und kurz darauf auch Frankreich die Vereinigten Staaten dazu einlud, eine identische Note an die beiden streitenden Parteien in Mexiko zu senden, mit dem Vorschlage der Einberufung einer Nationalversammlung zur Beilegung der mexikanischen Streitigkeiten auf einer vernünftigen Basis, lehnten die Vereinigten Staaten diesen Vorschlag ab. Sie be

1) Cass an Dodge, vertraulich unter dem 2. Dez. 1858, M S. In st., Spain, XV S. 197 (M., VI S. 478).

2) M S. Inst., Great Britain, VII S. 190 (M., VI S. 479.)

gründeten diese Ablehnung mit ihrer Gegnerschaft gegen jedwede, insbesondere gegen eine gemeinsame 1) Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines unabhängigen Staates.2) Gegenüber der französischen Einladung, die ebenso wie die englische mit der Versicherung begleitet war, daß keine Anwendung von Gewalt beabsichtigt werde, erklärte Cass wiederum, daß die Vereinigten Staaten das Recht Frankreichs nicht in Frage stellten, die Regierung von Mexiko, wenn notwendig mit Gewalt, dazu zu zwingen, ihr Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen, daß aber die dauernde Besetzung irgend eines Teils von mexikanischem Territorium durch eine fremde Macht oder der Versuch gewaltsamen Eingriffes in Mexikos innere Angelegenheiten oder der Bestimmung seines politischen Geschickes große Unzufriedenheit bei den Vereinigten Staaten hervorrufen werde, daß die Politik der Vereinigten Staaten in diesem Punkte allen in der Angelegenheit interessierten Mächten bekannt sei und daß sie unter allen Umständen befolgt werden würde.3)

Besondere Hervorhebung verdient hier die vierte Jahresbotschaft des Präsidenten Buchanan vom 3. Dezember 1860.4) Buchanan, der einer der Gegner der Beschickung der Panama-Konferenz gewesen war und den ablehnenden Beschluß des Hauses veranlaßt hatte,5) bekennt sich in dieser Botschaft zu einem energischen Anhänger der Monroedoktrin, wenn er zur Rechtfertigung eines von ihm gemachten Vorschlages, Truppen nach Mexiko zur Herstellung der Ordnung zu senden, in seiner Jahresbotschaft von 1860 6) erklärt:

,,Wir würden so der Verpflichtung ledig werden, uns jedem Versuch, dieser (der europäischen) Regierungen, unserer Nachbarrepublik Teile zu rauben, sogar mit Gewalt, wenn nötig, zu widersetzen, eine Pflicht, vor der wir nicht zurückschrecken

1) Insoweit Grundsatz der Ablehnung von Allianzen, vergl. oben S. 54 f. 2) Trescot, Acting Secretary of State an Mr. Elgee, Secretary in charge of the legation in Mexiko, unter dem 8. August 1860, MS. Inst., Mexico XVII S. 302 (M., VI S. 480).

3) Cass an Faulkner, Gesandter der Verein. Staaten in Frankreich, unter dem 31. August 1860, M S. Inst., France XV S. 481 (M., VI S. 480). Dieser Brief lehnt sich deutlich an den Wortlaut der Monroebotschaft an.

4) Abgedruckt in Richardsons Mess., V S. 646.

5) Vergl. unten S. 277 ff.

") Vergl. Richardsons Mess., V S. 646 und unten S. 298 Anm. 3.

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