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I. Abhandlungen.

Die Consolidationsgesetze im südwestlichen Deutsch

land.

Von C. Schenck,

Geheimen-Regierungsrath a. D. in Wiesbaden.

Zu dieser Mittheilung bin ich zunächst durch die Verhandlungen, welche in neuerer Zeit in verschiedenen deutschen Ländern über die Consolidationsfrage stattgefunden haben und zum Theil noch im Gange sind, veranlasst worden. Ich habe daraus die Ueberzeugung gewonnen, dass diese in volkswirthschaftlicher Hinsicht so wichtige Frage noch einer weiteren Aufhellung bedarf.

Da mir eine langjährige Erfahrung zur Seite steht und das was ich in meiner Schrift über die bessere Eintheilung der Felder und Zusammenlegung der Grundstücke, mit besonderer Rücksicht auf das südwestliche Deutschland (Wiesbaden 1867. C. W. Kreidels Verlag) hierüber gesagt habe, beifällig aufgenommen worden ist, so will ich das was seit deren Erscheinen weiter verhandelt wurde mittheilen und und einige Bemerkungen anknüpfen, welche die Beurtheilung erleichtern sollen. Ich glaube, dass meine langjährige Beschäftigung mit diesem Gegenstande mich berechtigt, diesen weitern Beitrag zur Verständigung zu liefern, wobei ich wünsche, dass derselbe eine Veranlassung sowohl für die Staats- und Landwirthe, als auch für die Lenker der Staaten werden möge, dieser Frage ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken.

Es besteht schon lang kein Zweifel mehr darüber, dass eine bessere Eintheilung der Felder zur Entfernung des Flurzwangs, da wo dieser noch besteht, mag sie nun mit oder

Zeitschr. f. Staatsw. 1870. IV. Heft.

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ohne eine Zusammenlegung der Grundstücke vollzogen werden, ein vorzügliches Mittel bietet, um die noch bestehenden Mängel bei dem Betriebe der Landwirthschaft zu verbessern und dass hierdurch der Ertrag des Volksvermögens bedeutend erhöht werden kann. Man nimmt an, dass sich der Ertrag des culturfähigen Bodens durch die Consolidation um bis erhöhe. In einzelnen Fällen ist derselbe noch höher berechnet worden. Es hat auch seit einer Reihe von Jahren nicht an Anregung hierzu gefehlt.

Lehrer der Volkswirthschaft, Staatsbeamte und einsichtsvolle Landwirthe haben sich bemüht, den Bauernstand für diese Massregel zu gewinnen und auch die Regierungen darauf aufmerksam gemacht, in welcher Weise sie die Einführung fördern können. Es sind auch in einzelnen Ländern des südwestlichen Deutschlands Gesetze hierüber erlassen worden, im Ganzen waren aber die Erfolge noch gering. Es ist dies um so mehr zu bedauern da der Grund hierzu zunächst darin gefunden werden muss, dass man nicht überall die richtigen Mittel gewählt hat, indem die Regierungen Vorschriften erliessen, welche für die Gegenden für welche sie bestimmt waren, nicht passten. Es ergaben sich dann bei der Vollziehung Schwierigkeiten, die weniger in einem ungerechtfertigten Widerstreben der Landwirthe, als darin ihren Grund hatten, dass die Regierungen auf die Verschiedenheit der Ackerbauverhältnisse zu wenig Rücksicht nahmen. Die verständigen Landwirthe mussten deshalb bald herausfinden, dass die erlassenen Vorschriften nicht überall zum Besseren führen konnten, ja eher schädlich als nützlich wirkten. Hierdurch hat sich gerechtes Misstrauen gegen die von der Regierung getroffnen Massregeln gebildet.

Dr. William Löbe sagt nicht mit Unrecht in der Vorrede zu seiner Schrift über die Consolidation (Leipzig, Reichenbachsche Buchhandlung 1865): „Der Grund, dass die hochwichtige Zusammenlegung der Grundstücke in vielen Ländern noch wenig oder gar nicht zur Aufnahme gekommen ist, liegt theils an den Staatsregierungen oder Landtagen, theils an den Landwirthen, an den Staatsregierungen indem sie die Zusammen

legung der Grundstücke noch nicht gesetzlich ausgesprochen haben, oder weil die betreffenden Gesetze in den Hauptpunkten so mangelhaft oder durch die Ständekammern so verwässert worden sind, dass durch dieselben wie die Erfahrung lehrt. die Zusammenlegung nicht befördert wird".

Auch Professor Knaus bemerkte hierüber in seiner Schrift über den Flurzwang (Stuttgart und Tübingen 1843): Wie oft werden dem Bauernstande Vorschläge gemacht, Wege angedeutet, über die er von seinem Standpunkte aus lächelt, und die ihn in der Ansicht bestärken, dass vom s. g. Herrenstande aus ihm kein Heil blühen kann.

Professor Hanssen sagte schon bei Beurtheilung der Schrift von Knaus (Archiv der politischen Oeconomie neue Folge 2ter Band), schwerlich gebe es auf dem ganzen Gebiete der Volkswirthschaftspolitik eine Maassregel die bei aller Anerkennung ihres durchgreifenden Nutzens doch so wenig zur Ausführung gebracht sei, als die Arrondirung der Ländereien und die damit verbundene geregelte Feldeintheilung oder auch nur letztere ohne jene. Er hält es für ein keineswegs überflüssiges Streben diese wichtige Angelegenheit immer wieder von Neuem zur Sprache zu bringen und durch eine allgemein verständliche Darstellung der auf dem Wege der Forschung und bereits gemachter Erfahrungen gewonnenen Resultate auch dem einfachen Landmanne Belehrung und Anregung zu geben.

Man ist noch immer geneigt, den geringen Fortgang, welchen die bessere Eintheilung der Felder in den meisten Ländern des südwestlichen Deutschlands bis jetzt gefunden hat, allein dem Mangel an Einsicht und den Vorurtheilen der Landwirthe zuzuschreiben, der Hauptgrund liegt aber nach feststehenden Erfahrungen darin, dass die zur Gesetzgebung berufenen Gewalten nicht die richtigen Mittel gewählt haben. Auch hier müssen, wie bei andern volkswirthschaftlichen Fragen die Irrthümer zur Wahrheit führen. Je früher man zur Erkenntniss derselben kommt, desto früher wird man auf den richtigen Weg gelangen. Möge auch diese Mittheilung dahin führen. Es lag bei diesen Irrthümern in den meisten

Fällen eine mangelhafte Forschung zu Grund. Man hat naheliegende Erfahrungen nicht beachtet, die Gesetze zum Theil von Vorschriften abgeleitet, welche für andere Verhältnisse gegeben waren, und es übersehen, dass die Heilmittel sich nach den Bedürfnissen verschieden gestalten müssen, namentlich dass da, wo es sich um die Beseitigung des Flurzwanges und um eine Zusammenlegung bei sehr getheiltem Besitze handelt, ein anderes Verfahren eingehalten werden muss, als bei der Auflösung von Gemeinheiten und bei den Vereinödungen.

In den ältern Provinzen des preussischen Staates bestand und besteht zum Theile noch ein Rechtsverhältniss, welches die Besitzer hindert, ihre Grundstücke beliebig zu benutzen. Fast in allen Fluren bestanden feste Regeln, nach welchen die Aecker und übrigen Grundstücke nur benutzt werden durften und die Fruchtfolge war unabänderlich vorgeschrieben. Damit stand die Benutzung der Weide und die Behütung der Gemeindegründe durch gemeinschaftliche Heerden in unmittelbarer Beziehung. Ueber die Auflösung dieser Gemeinheiten und die Aufhebung dieser gegenseitigen und möglichst auch aller einseitigen Dienstbarkeiten bestehen gesetzliche Vorschriften, deren Vollziehung besondern Behördern übertragen ist. Man nannte das von denselben zu ordnende Geschäft „Gemeinheitstheilung" oder „Separation". Nur das Bestehen einer Gemeinheit berechtigt zu dem Antrage auf Separation. Bei dieser Gelegenheit wird zugleich eine möglichst zweckmässige Zusammenlegung der Grundstücke bewirkt.

Dann wurden in den höher gelegenen Theilen von Bayern und Württemberg, wo die Eggarten- oder Graswirthschaft besteht, schon in älterer Zeit Arrondirungen unter dem Namen von Vereinödungen vorgenommen. Diese Operationen waren durch die Verheerungen, welche der dreissigjährige Krieg angerichtet hatte, veranlasst und durch die Feuchtigkeit des Klimas, welche es gestattete, aus einem Acker eine Wiese und umgekehrt zu machen, begünstigt worden. Auf das Flachland konnte sie keine Anwendung finden. Hier handelt es sich, wie überhaupt in dem südwestlichen Deutschland zunächst

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