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Art den frommen Wünschen beigezählt haben würde, die mehr gut gemeint als ausführbar seien, und einen mehr mit Träumen als mit der wirklichen Welt beschäftigten Kopf verrathen. Gegenwärtig nun scheinen sich ihm unter den europäischen Nationen richtige Begriffe von allem, was ihr wahres Interesse betreffe, verbreitet zu haben, um einem Vorschlag, der auf evidente Wahrheiten gegründet sei, Aufmerksamkeit zu verschaffen. Als solche evidente Wahrheiten bezeichnet er dann, dass das Geld nichts anderes sei als eine Waare, dass der Verkehr unter den Nationen auf alle mögliche Weise soll verbessert werden, und dass wie der Verkehr durch einerlei Mass und Gewicht, so auch durch Einführung eines allgemeinen Münzfusses sehr würde erleichtert werden. Die Einführung derselben könne nur durch eine Verabredung der europäischen Nationen bewirkt werden, wobei der Grad der Legierung, die Form der Münzen genau bestimmt werden müssen. Die Schwierigkeiten des Uebergangs: eine Umprägung der Münzen und die Reduktion der Geldschuldigkeiten auf die neue Münze wären zwar gross, aber zu überwinden, wenn es den Nationen ein Ernst wäre. Zum Schluss seiner Darstellung macht Hegewisch die Bemerkung, dass „diese Sache ebensosehr als der von Einigen vorgeschlagene ewige Friede auf einem allgemeinen europäischen Congress erwogen zu werden verdiene."

„Der ewige Friede, meint er, würde zwar unstreitig ein grösseres Gut sein, als ein allgemeiner Münzfuss, aber die aus letzterem entspringenden Vortheile und Bequemlichkeiten wären doch auch nicht zu verachten."

Hegewisch hatte die Hoffnung ausgedrückt, „dass der von ihm blos hingeworfenen Idee ein glückliches Schicksal bestimmt sein würde, wenn ein Mann wie Prof. Büsch es der Mühe werth fände, seine Gedanken darüber mitzutheilen."

Dieses Schicksal widerfuhr nun zwar seiner Idee, aber es war ihr nicht sehr günstig.

Büsch anerkennt zwar in seiner Beurtheilung, dass die

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Sache an sich keine unüberwindliche Schwierigkeit habe, spricht aber sofort die Meinung aus, dass es immer einer von den frommen unerfüllten Wünschen bleibe, dass die polizirten und handelnden Staaten sich für einerlei Münzen vereinigen." Die Schwierigkeiten findet Büsch in der Ungleichheit der Münzkunst verschiedener Staaten und der daraus folgenden Verschiedenheit der Münznachsicht oder des Remediums, in der Unmöglichkeit, das Werthverhältniss der beiden edlen Münz-Metalle auf eine befriedigende Weise zu normiren, in der Unmöglichkeit, dass die Staaten sich über einen gleichen Schlagschatz vereinbaren.

Der Gedanke einer internat. Münz-Einigung war offenbar verfrüht in einer Zeit, in welcher in verschiedenen deutschen Staaten überhaupt erst wieder ein geordnetes Geld wesen herzustellen und die Anfänge zur Wieder-Erlangung der verloren gegangenen nationalen Münz - Einheit noch zu machen waren. Durch die süddeutsche Münzkonvention v. 25. Aug. 1837, durch den Münz-Vertrag der Zoll-Vereinsstaaten v. 30. Juli 1838 und die Münzkonvention der südd. Staaten v. 27. März 1845 geschahen hiezu die wichtigsten Schritte.

In der Theorie des Geld wesens nahmen mit Recht die Grundsätze, wie der früheren fortwährenden Verschlechterung der Münzfüsse vorgebeugt werden könne, die erste Stelle ein. Wie sehr dieser Grundgedanke vorherrschte und wie wenig man sich mit dem Gedanken einer Münz-Einigung unter unabhängigen Staaten befreundete, geht namentlich aus Hoffmann's berühmter „Lehre vom Geld" 1838 hervor.

Hoffmann, der beiläufig bemerkt schon damals die Einführung der Gold - Währung in Deutschland befürwortete, urtheilt über Münz-Einigung folgendermassen:

„Es ist eine unerlässliche Bedingung einer selbständigen Münz-Verwaltung, dass keinem andern Geld als dem mit dem Gepräge des eigenen Staates der Umlauf als allgemeines Zahlungsmittel gestattet werde; jedes andere Münzstück darf nichts anderes sein, als eine Waare, deren Annahme jedermann nach

Gutbefinden bewilligen und verweigern darf. Sofern nun ein Staatenbund, wie der deutsche ein gemeinschaftliches Geld haben will, muss er auch eine gemeinschaftliche Verwaltung seines Münzwesens haben wollen, denn alle gegenseitige Aufsicht kann schlechterdings diejenige strenge Einheit nicht sichern, welche das Bestehen eines dauerhaften Münzsystems unerlässlich fordert."

Erst in den letzten beiden Dezennien hat die Frage einer internationalen Münz-Einigung in Theorie und Praxis eine günstigere Beurtheilung erfahren.

Es hängt dies mit verschiedenen Ursachen zusammen, die ich hier nicht ausführen kann. Es ist unzweifelhaft, dass die Zunahme des internationalen Handels, die Ausdehnung der Transportanstalten, die Verbreitung des metrischen Mass- und Gewichtssystems dabei mitwirkten.

Vorwiegend aber ist es die neuere französische Münzgeschichte, an welche sich der Plan einer internat. Münz-Einigung knüpft, und auf welche ich daher mit ein paar Worten eingehen muss, indem ich die allgemeineren Ursachen der Veränderungen im Geldwesen: die ausserordentliche Zunahme der Goldproduktion in Folge der Entdeckung der Goldfelder in Californien und Australien, das Eindringen des Goldes in die Doppelwährungsländer, und den ausserordentlichen Silberabfluss nach Ostasien als bekannt voraussetzen

darf.

Die Franzosen sind nicht etwa aus einer besondern Vorliebe für eine internat. Münz - Einigung allein oder aus bloser Begeisterung für eine Weltmünze neuerdings so warme Fürsprecher einer internat. Münz-Einigung geworden. Der Vertrag vom 23. Dez. 1865, in welchem eine internationale Münz-Einigung zwischen Frankreich, Belgien, Italien und der Schweiz herbeigeführt worden ist, und der nach der Ansicht vieler der erste Schritt auf dem Wege zur Weltmünz-Einheit sein soll, hatte sehr greifbare, die ursprünglichen 4 Contrahenten speziell berührende Motive.

Die Doppelwährung, nach welcher Gold- und Silbermünzen im gesetzlichen Werthverhältniss von 1: 15% als alternatives Zahlungsmittel gelten, besteht in Frankreich nach Ges. v. 28. März 1803. Unter den Folgen dieser Währung war die wichtigste, dass, als von 1850-60 das durchschnittliche Markt-Werth-Verhältniss von Gold und Silber auf 1 15 stand, das Silbergeld aus Frankreich abfloss und Gold sich an die Stelle setzte. Dem Kleinverkehr fehlten die Umsatzmittel; die Weiterausprägung von Courantsilbermünzen fortsetzen hätte geheissen: Wasser in ein Sieb schöpfen. Die franz. Regierung sah sich genöthigt von 1854 an goldene 5Frcs.stücke zu prägen und durch ein Ges. v. 25. Mai 1864 anzuordnen, dass die 50- und 20-Ctsstücke., als Scheidemünzen zu 835 Millièmes fein, nicht mehr als Courantmünzen zu 900 Millièm. ausgeprägt werden sollen.

In den Staaten, welche den franz. Münzfuss angenommen hatten, und in ihrem Münzwesen nun thatsächlich ganz von Frankreich abhängig waren, drangen die französ. Goldstücke gleichfalls ein, die CourantSilbermünzen verschwanden.

In Belgien, wo durch Ges. v. 5. Juni 1832 der franz. Münzfuss eingeführt worden war, fühlte man diese Uebelstände so lebhaft, dass die Frage aufgeworfen werden konnte, ob nicht der französ. Münzfuss ganz zu verlassen sei 1). Die Schweiz, welche nach Bundesgesetz vom 7. Mai 1850 den franz. Silberfranken als Landesmünze angenommen hatte, war, um der Ausfuhr der Silbermünzen vorzubeugen, nach Ges. v. 31. Jan. 1860 für die Stücke unter 2 Frcs. zu einem leichteren Scheidemünzfuss übergegangen; diese Stücke wurden nun zu 800 statt 900 Millièm. fein ausgeprägt. Italien hatte durch Ges. v. 24. Aug. 1862 die kleineren Silbermünzen zu Scheidemünzen mit 835 Millièm. Feingehalt degradirt.

Diese vereinzelten Massregeln der vier anein

1) Vgl. Xeller, die Frage der internat. Münz-Einigung etc. 1869. S. 80.

ander grenzenden Staaten hätten einzelne Missstände beseitigt, aber andere hervorgerufen, wenn nicht die faktische Münzgemeinschaft der Staaten des Frankenfusses in eine rechtliche umgewandelt worden wäre.

Diesen nächsten Zweck hatte der vielbesprochene sog. latein. Münz-Vertrag. Da er die Grundlage für die weiteren Bestrebungen zu einer internat. Münz-Einheit geworden ist, so muss ich seinen HauptInhalt mittheilen 1).

Der Vertrag dauert bis 1. Janr. 1880 und wenn keine Kündigung erfolgt, von da an je 15 Jahre.

Die vier genannten Staaten bilden eine Vereinigung hinsichtlich des Gewichts, des Gehalts, der Form und des Curses ihrer Silber- und Goldmünzen. Es werden Goldmünzen von 100, 50, 20, 10 und 5 Frcs. im seitherigen Gewicht und Gehalt geprägt. Diese Goldmünzen sind internationale Münzen, weil zwar nicht Private, wohl aber alle öffentl. Cassen der betreffenden Staaten verbindlich sind, sie ohne Rücksicht auf ihren Ursprung in Zahlung anzunehmen, sofern sie nur nicht über 1/2 % unter die Tolérance abgenützt sind oder ihr Gepräge verwischt ist.

Das silberne 5-Frsstück., auf welchem nun allein noch die Doppelwährung beruht, weil es noch zu 900 Millièm. Feingehalt ausgeprägt als Courant silbermünze gilt, ist gleichfalls in jenem Sinn internationales Geld, indem es die öff. Cassen an Zahlungsstatt gegenseitig annehmen müssen, wenn das einzelne Stück nicht bis auf 1% unter die Toleranz abgenützt oder im Gepräge verwischt ist.

Selbst die Silberscheidemünzen sind in den internationalen Vertrag einbezogen. Sie werden in Stücken unter 2 Frcs. zu 835 Mill. fein nur bis zum Gesammtbetrag von 6 Frcs. auf den Kopf der Bevölkerung ausgeprägt. Innerhalb des Staats, der sie ausgegeben, muss

1) Vgl. den Abdruck dess. im Jourual des économistes II. 284 ff.

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