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Schutze der Privatrechte des Staates an seinen Domänen geltend gemacht werden!

Wir haben diese etwas weitläufige und vielleicht, was die Begründung betrifft einigermassen überflüssige Betrachtung der Rechtsverhältnisse der Domänen desshalb angestellt, um darüber keinen Zweifel aufkommen zu lassen, dass der Domanialbesitz des Staates Privatbesitz sei, also durchaus keine Aehnlichkeit mit denjenigen Rechten des Staates habe, welche entweder unmittelbar als Ausfluss des Staatsgebietsrechts erscheinen oder doch dasselbe zur Voraussetzung ihrer formalen Berechtigung haben. Der öffentlich rechtliche Charakter des Domaniums, der in der Verwendung seiner Erträgnisse zu Staatszwecken liegt, ändert nicht die privatrechtliche Besitzesform. Die Domänen sind also Gegenstand des öffentlichen Rechts nur aus dem Gesichtspunkte der Finanz, insbesondere des Budgets, im übrigen sind sie rein privatrechtlich zu behandeln. Die Eigenschaft der Domänen, Theil des Staatsgebietes zu sein, kommt daher gar nicht in Betracht; sie sind was ihre Rechtsverhältnisse anbelangt, allem andern Besitze des Staates gleichgestellt, theilen demnach auch weder die Eigenschaften der Unveräusserlichkeit und Untheilbarkeit des Staatsgebietes, noch die rechtliche Ausnahmsstellung des Staatsoberhauptes. Darum berührt uns aber auch der Streit gar nicht, ob die Domänen Eigenthum des Fürsten oder des Staates seien; denn wenn sie schon im letztern Falle Privateigenthum sind, das mit den Rechten des Staates am Gebiete in keinem innern Zusammenhange steht, so kann diess noch mit viel grösserer Bestimmtheit in dem erstern Fall angenommen werden.

Dagegen interessirt die Frage, ob diese Rechte des Staates nicht doch vom Gesichtspunkte des öffentlichen Wohles eine Aenderung erfahren sollen, nachdem sie aus juristischen Gründen nicht abgeschafft werden können. Wir müssen eine Untersuchung dieser Frage an gegenwärtiger Stelle zurückweisen, da sie nicht in den von uns gezogenen Kreis der Betrachtung fällt; soviel aber lässt sich aus den vielfachen Wirren dieser Controverse im allgemeinen entnehmen, dass

sich die Ueberzeugung immer mehr Bahn bricht, es sei eine allgemeine Verneinung der Frage bereits unmöglich geworden. Die volkswirthschaftliche Entwicklung hat in den meisten Staaten, je intensiver die Landwirthschaft wurde, desto ungünstiger sich den Domänen, dem Besitze der todten Hand gezeigt; die Theilnahme des Staats am wirthschaftlichen Leben scheint, je vielseitiger, desto indirecter werden zu wollen. Auch die Entwicklung des öffentlichen Rechts und seine klare und bewusste Reinigung von aller privatrechtlichen Beimischung begünstigt dieselbe Richtung der wirthschaftlichen Entwicklung; und der unverkennbar demokratische Zug in der Weiterbildung unsrer staatlichen Zustände kann eine solche Entwicklung nur mit Freuden begrüssen, welche den politischen Machtbefugnissen des Volkes zulegt, was sie dem Staate von seinem Privatbesitze abnöthigt.

Wir geben zu, dass eine gänzliche Beseitigung des gegenwärtigen Zustandes (allmäliger allgemeiner Domänenverkauf), nicht ohne alles Bedenken ist. Ebensowenig können wir aber in dem Festhalten des Staates an seinen Domänen eine Lebensfrage für ihn sehen. Vielleicht könnte den wirthschaftlichen und politischen Anforderungen, welche das Volk und welche die Regierung in dieser Frage stellen, am besten dadurch Rechnung getragen werden, dass eine allmälige Hinüberführung der privatrechtlichen Berechtigung des Staates zur administrativen erstrebt würde; damit würde den Interessen des Staatswohls am besten gedient, den berechtigten Anforderungen des Volks in wirthschaftlicher und politischer Hinsicht entsprochen und das Staatsleben gereinigt von einer doch vielfach veralteten Beimischung.

Zeitschr. f. Staatsw. 1870. 11. Heft.

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Ueber eine internationale Münz-Einigung.

Eine akademische Antrittsrede

von Professor Dr. Fr. Hack.

Hochgeehrte Versammlung!

Die Frage einer internationalen Münz-Einigung ist in der neuesten Zeit in ganz anderer Weise aufgetreten, als früher; einst dem Reich der Ideale angehörig hat sie in unsern Tagen eine concrete Gestalt angenommen, sie bildet den Gegenstand vieler politisch-ökonomischer Erörterungen.

Wenn ich sie zum Gegenstand meines heutigen Vortrags mache, so darf diese Wahl vielleicht insofern auf Ihre Zustimmung rechnen, als Probleme des Geldwesens ausser ihrer fachwissenschaftlichen Bedeutung auch ein allgemeines Interesse voraussetzen dürfen.

So nahe es läge, an die vorliegende Frage allgemeinere Betrachtungen über Rechtsbildung, über den Uebergang des wirklichen in das förmliche Recht, wie unser J. Möser 1) Rechts-Idee und positives Recht heisst, zu knüpfen oder das materielle Substrat der das Geld betreffenden Rechtssätze hervorzukehren, oder etwa den Zug nach internationalen Rechtsbildungen nachzuweisen, der sich an allen Verkehrsanstalten und so auch an dem hervorragendsten Verkehrsmittel, dem Geld, kundgibt, so will ich mich doch strenge an meinen unmittelbaren Gegenstand halten; ich will vor Ihnen in Kürze

1) Patr. Phantas. IV. 30.

darzulegen versuchen, wie sich die Frage der internationalen Münz-Einigung in Theorie und Praxis bis jetzt entwickelt hat, und welches Prognostikon derselben nach der gegenwärtigen Sachlage etwa gestellt werden kann.

Von vornherein muss ich freilich constatiren, dass man unter internationaler Münz-Einigung Verschiedenes verstehen kann. Im Gegensatz zu einer nationalen MünzEinigung, wie sie in Deutschland theils erreicht, theils noch herbeizuführen ist, kann man von einer internat. MünzEinigung schon dann reden, wenn mehrere politisch selbständige Staaten in ihrem Münzwesen übereinstimmende Einrichtungen haben, wenn sie nicht bloss thatsächlich, sondern vermöge Vertrags die gleiche Währung, den gleichen Münzfuss und die gleiche Rechnungsweise besitzen. Wenn man aber von internationaler Münz-Einigung allgemein spricht, so spielt immer der Gedanke einer schliesslichen Weltmünz-Einheit herein, von der man annimmt, dass sie nach ihrem Inhalt und nach der Zahl der Theilnehmer etwa in der Weise sich realisiren werde, wie das Völkerrecht überhaupt allmälig die verschiedenen Völker des Erdkreises in sich aufnimmt.

Der Gedanke eines solchen eigentlichen Weltmünzsystems datirt nicht von gestern; er ist vor Jahrhunderten nicht blos als phantastisches Zukunftsbild von Dichtern geträumt, sondern ernstlich diskutirt worden. —

Im 16. Jahrhundert schrieb der italienische Graf Scaruffi 1) eine Abhandlung über das Münzwesen, in welcher er auch die Vortheile einer Universalmünze hervorhebt. Seine Vorschläge basiren auf der Doppelwährung mit einem Werthverhältniss von Gold zu Silber von 1:12; als Münzgrundgewicht soll das in der Münze zu Bologna vorhandene Pfund mit einer Eintheilung in 12 Unzen dienen, aus der Unze Gold sollen 72, aus der Unze Silber 6 Livres ausgebracht werden. Scaruffi zeigt sich als so warmen Anhänger der Zwölfzahl,

1) Discorso sopra la monete 1582. Wir zitiren nach der Mittheilung von de Parieu Journ. des écon. VI. 321 ff. Vgl. auch Kautz, Gesch. der N.-Ö. S. 264.

dass er sie nicht nur seinen praktischen Vorschlägen zu Grunde legt, sondern auch gerade 12 Vortheile seiner Weltmünze herausfindet.

Dass in jener Zeit, wo im Zusammenhang mit der ganzen politischen Lage das die Völker in ökonomischen Dingen trennende Merkantilsystem im Anzuge war, ein so kosmopolitischer Vorschlag ganz unbeachtet blieb, darf uns nicht Wunder nehmen. Konnte ja nicht einmal im Heimatland Scaruffi's eine nationale Münz-Einigung Platz greifen und galt doch für Italien lange Zeit der Ausspruch des Franzosen Ganilh: ,, dass es immer das schlechteste Geldsystem und stets die besten Schriften über Geldwesen gehabt habe."

War es in Italien die Unordnung des einheimischen Münzsystems, was Scaruffi zu seinem das Ziel überschiessenden Projekt veranlasst hatte, so bewog wohl die räumliche Ausdehnung der spanischen Herrschaft den spanischen Geistlichen Juan Marquez dazu, den Vorschlag zu machen und 1612 zu veröffentlichen, es sollen die verschiedenen Staaten sich über ein gleiches Münzsystem vereinigen.

Nicht ein äusserer Anlass, wie ihn freilich die Münzzustände des deutschen Reichs sehr nahegelegt hätten, war es, was in Deutschland zu Ende des vorigen Jahrhunderts den Gedanken an eine Weltmünz-Einheit hervorrief. Der für diese Idee begeisterte Professor Hegewisch in Kiel († 4. Apr. 1812) regte die Erörterung über einen allgemeinen in Europa einzuführenden Münzfuss 1)" an; und der erfahrenste Geld- und Banktheoretiker jener Zeit, Prof. Büsch in Hamburg, hielt es für der Mühe werth, dem Gegenstand seine Theilnahme zu schenken.

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Ich darf wohl die Hauptgesichtspunkte skizziren, welche von diesen Männern geltend gemacht worden sind. Hegewisch setzt in seinem 1787 veröffentlichten Vorschlag auseinander, dass man noch vor 50 Jahren eine Idee dieser

1) J. G. Büsch, Sämmtl. Schriften über Banken und Münzwesen, Hamburg 1801. S. 707 ff.

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