Page images
PDF
EPUB

von 1 Rthlr. ausgeben, so würden in kurzer Zeit ausser einigen wenigen Sechstelthalerstücken, nur noch Scheidemünzen in Umlauf sein und zwar nicht blos ächte, sondern auch nachgemachte. Ausserdem würde wahrscheinlich auch bald nachgemachtes Papiergeld in Massen mit umlanfen. Natürlich kann alles Papiergeld, welches gemacht wird, auch mehr oder weniger gut nachgemacht werden. Nachgemachtes Papiergeld über grössere Summen bleibt selten lange unentdeckt. Nachgemachtes Papiergeld über kleine Summen ist aber, wie die Erfahrung lehrt, nicht so schwer in Umlauf zu bringen, weil nicht jeder Empfänger jedes einzelne Stück genau betrachtet und betrachten kann; und bei nachheriger zufälliger Entdeckung eines nachgemachten Stücks, wird es, zur Vermeidung eigenen Verlustes, weiter in Zahlung gegeben. Ich halte dafür, dass von allen Schulden des preussischen Staats zuerst das Papiergeld über 1 Rthlr., 5 Rthlr. und 10 Rthlr. abgezahlt werden sollte. Dass die Bank von England, eine von der Regierung unabhängige Privatbank, deren Aktionäre den Gouverneur, den Vicegouverneur und die Direktoren aus sich wählen, Banknoten über weniger als 5 L. jetzt nicht ausgiebt, veranlasst gar keine Verlegenheiten für den Verkehr, da wenn es an Münzen fehlt, man sich Goldmünzen prägen lässt 1).

1) Als viele Banknoten von weniger als 5 L. umliefen und die Baarzahlungen der Bank von England sistirt waren, wurden die Noten vielfach gefälscht. In Old Bailey wurden 154 Personen wegen Notenfälschung prozessirt und 46 davon gehängt. W. Vocke, Geschichte der Steuern des Britischen Reichs. 1866. S. 87. Im Januar 1869 wurde gemeldet, dass eine Nachbildung der Preussischen Banknoten von 10 Rthlr. neuester Emission vom 18. Juni 1867 zum Vorschein gekommen, und dass auch wiederholentlich falsche Zweieinhalbsilbergroschenstücke mit der Jahrzahl 1851 vorgekommen seien. Dass Jemand jetzt Anlass haben könnte, Courantmünzen prägen zu lassen, ist nicht anzunehmen. Wenn aber Papiergeld nur über grössere Summen als 25 Rthlr. Umlauf hätte, so würde die Prägung von Kronen wohl öfters verlangt worden sein. Das kleinere Papiergeld ist wahrscheinlich der Grund, wesshalb die Kronen nicht in Aufnahme gekommen, und Goldmünzen überhaupt fast gar nicht in Umlauf sind, der, doch unvermeidliche, Uebergang zur Goldwährung aber erschwert wird.

Was die alte königliche Bank an Papiergeld, in Noten, ausgegeben hatte, betrug nicht viele Millionen. Seitdem die an ihre Stelle getretene Preussische Bank 1) aber Noten ausgiebt und zwar ohne Beschränkung auf ein Maximum, zirkulirt so viel Papiergeld, wie niemals zuvor. Gesetzlich ist zwar keine Privatperson verpflichtet, die Noten der Preussischen Bank in Zahlung zu nehmen, alle öffentlichen Kassen müssen sie aber jederzeit zum vollen Nennwerth annehmen. Die alte, von Organen der Regierung verwaltete, königliche Bank wurde insolvent lässt sich etwa die Möglichkeit in Abrede stellen, dass die Preussische Bank, welche ebenfalls von Organen der Regierung verwaltet wird, einst in schweren Zeiten ein gleiches Schicksal haben wird? In diesem Fall hätten nicht blos vertrauende Privatleute, sondern auch die öffentlichen Kassen, statt werthvollen Edelmetalls, werthloses Papier und der Verlust träfe die Steuerzahler. Für diese erwächst daraus, dass die Noten der Preussischen Bank in allen Staatskassen, Gemeindekassen, Kreiskommunalkassen, Kirchenkassen und allen übrigen öffentlichen Kassen unbedingte Annahme finden, kein Gewinn wenn dadurch auch für die Bankantheilseigner die Dividenden höher werden. Herr Professor Nasse in Bonn (die Preussische Bank und die Ausdehnung ihres Geschäftskreises in Deutschland 1866. S. 4) erzählt zwar, dass die Noten der Preussischen Bank de facto bei allen ihren Comptoiren eingelösst würden; er übersieht aber, dass wenn die Thatsache auch richtig wäre, von den Inhabern der Noten die Einlösung derselben nach §. 8, 29 und 32 der Bankordnung vom 5. December 1846, wenn auch nicht gerade

1) Nach §. 2 des Bankgesetzes vom 7. Mai 1856 würde die Preussische Bank ohne Zustimmung der Bankantheilseigner erst mit Ende 1871 aufgehoben werden können, in so fern ein spätestens im Jahre 1869 zu erlassendes Gesetz ihre Aufhebung verordnete. Die Volksvertretung kann also bald über die Aufhebung oder das Fortbestehen der Preussichen Bank entscheiden. Wird, wie zu wünschen, die Aufhebung entschieden, so würde sich, falls die Regierung nicht etwa hemmend dazwischen träte, ohne Zweifel bald die erforderliche Anzahl von Privatbanken bilden, welche dem Publikum alle Dienste leisten würden, welche ihm die Preussische Bank nur leisten kann.

gegen Preussisches Silbercourant aber doch gegen baares Geld und zwar gegen Preussisches Silbergeld, nur bei der Hauptbankkasse zu Berlin zu jeder Zeit verlangt werden kann. In der That ist es so weit gekommen, dass in Preussen fast alle grösseren Zahlungen in einem Papiergeld geleistet werden, welches im ganzen Lande, ausser in Berlin, uneinlöslich ist.

Mittel und Aufgaben unserer Universitäts

bibliotheken.

Von Prof. Dr. Heinze in Leipzig.

Es ist nicht eben schwierig, die Ansprüche zu bezeichnen, denen Büchervorräthe und Anschaffungen einer Bibliothek gerecht werden müssten, wenn man einen absoluten Massstab anlegen dürfte und aller Rücksichten auf Beschränktheit der Mittel sich entbunden wüsste. Dann bliebe als einzige Schranke der Grundsatz übrig, dass keine Büchersammlung sich mit Presserzeugnissen belasten soll, die ewig Makulatur sein werden. Zuvörderst müsste eine solche Musterbibliothek darauf ausgehen, aus Vergangenheit und Gegenwart alle Drucksachen zu erwerben, die Anspruch auf wissenschaftlichen Werth machen und in einer Weltsprache, also deutsch, lateinisch, englisch, französisch geschrieben sind. Streitig kann sein, wie weit die Büchererwerbungen in anderen Sprachen auszudehnen seien. Zwar nicht, soweit es sich um Werke von anerkannter wissenschaftlicher Bedeutung handelt. Wohl aber, wenn die Frage auf Bücher gestellt ist, deren Werth zweifelhaft erscheint. In der Weltliteratur würde gewiss der Zweifel schon an sich die Aufnahme gebieten, in den ausserhalb dieser grossen Geistesatmosphären liegenden particulären Literaturgebieten mag er vielleicht den Ausschluss rechtfertigen. Freilich würden die sprachlichen, politischen, socialen Beziehungen, in denen das fremde Volk zu dem Heimathsland der Bibliothek steht, leicht die Ansprüche steigern;

freilich wird der Entwickelung, welcher die fremde Literatur in naher oder ferner Zukunft entgegengeht, eine gewisse Rückwirkung auf den schon gegenwärtig derselben beizulegenden Rang zugestanden werden dürfen. Und nie wird. man vergessen dürfen, dass über eine grosse Anzahl von Geistesarbeiten die Zukunft ganz ein anderes Urtheil fällen wird, als die Gegenwart. Mit diesen Umrissen ist jedoch die Aufgabe einer Bibliothek im grössten Stil nicht erschöpft. Von der wissenschaftlichen Bedeutung ist der Werth eines Druckwerkes für politische, Sprach-, Literatur-, Cultur-Geschichte oft ganz unabhängig. Das nichtsnutzigste Presserzeugniss spiegelt häufig unwillkürlich und ohne Verdienst des Verfassers ein Stück seiner Zeit ab, es kann in der Folgezeit unschätzbaren Werth erlangen, besonders, wenn es sich mit anderen Naturselbstdrucken des Gemeinlebens zu einem Gemälde vereinigen lässt. Dieser Literaturniederschlag, den die Wogen der Zeit überall absetzen, muss in einer Bibliothek, wie sie sein soll, gleichfalls gesammelt und gehütet werden; ist er doch den späteren Geschlechtern unentbehrlich zu Ergründung und Verständniss der vergangenen Zeit. Freilich werden auch die grössten Bibliotheken, um sich nicht über Gebühr mit Ballast zu beladen, eine Auswahl unter diesem häufig nur durch seine Massenhaftigkeit interessanten Artikel treffen müssen. Ich darf im Uebrigen auf die geistvollen und kenntnissreichen Ausführungen Robert v. Mohl's (im II. Band der Politik, S. 161 ff. und 206 ff.) verweisen, der freilich die Saiten noch um ein merkliches höher spannt als ich. Mohl hat die obere Leitung der Tübinger Universitätsbibliothek längere Zeit selbst in Händen gehabt.

Eine Zeitlang ist in der hier angedeuteten oder doch einer ähnlichen Manier die Göttinger Bibliothek geleitet worden, insbesondere von Heyne. Freilich eine Zeit, in welcher der Büchermarkt, wenn man ihn mit der heutigen Ueberfüllung vergleicht, einen kleinstädtischen Character an sich trug, und in der die Tagesliteratur sich noch in den Grössenverhältnissen eines sehr kindlichen Alters bewegte. Heutzutage würden selbst die Fonds des British Museum nicht ausreichen,

« PreviousContinue »