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er sie züchtigen wollen. Fünfundsechzig Portugiesen, unter ihnen elf der angesehensten Offiziere, fielen an diesem unglücklichen Tage mit ihm.

Der Schwung, den diese wunderbaren Erfolge der Portugiesischen Nation gaben, trieb sie zu Anstrengungen, die weit über ihre materiellen Kräfte zu gehen schienen, sie aber eben darum auf den höchsten Gipfel des Ruhmes, den sie je erreichte, emporhoben. Triebfedern sehr verschie= dener Art, Ehrgeiz, Begeisterung für den Nationalruhm, Bekehrungseifer, Gewinnsucht, mischten sich dabei; aber die Thaten, die sie hervor= riefen, glänzen unsterblich neben den größten, welche die Geschichte verzeichnet hat.

12. Alfons von Albuquerque.

Dem Almeida folgte in der Statthalterschaft Alfons von Albu= querque, der den größten Männern seines Jahrhunderts mit Recht zu= gezählt wird. Schon ehe er Statthalter ward, hatte er ein Geschwader angeführt, mit dem er den wichtigen Staat von Ormuz angriff. Ormuz liegt auf einer kleinen, unfruchtbaren Insel; da diese aber den Eingang in den Persischen Meerbusen beherrscht, so war sie der Sitz eines wichti= gen und ausgebreiteten Handels geworden. Albuquerque's Erscheinung brachte den Herrscher von Ormuz zu dem Versprechen, der Krone Portugal einen jährlichen Zins zu zahlen (1507). Als er fragen ließ, wie er es mit dem Tribute halten sollte, den er bisher dem Könige von Persien hatte zahlen müssen, schickte ihm Albuquerque einige Degenspißen und Kanonenkugeln; diese solle er den Persischen Gesandten überreichen, und ihnen dabei sagen, in solcher Münze bezahlten die Schutgenossen des Königs von Portugal, wenn ein Anderer ihnen Tribut abfordere. Schon hatte Albuquerque den Bau einer Festung angefangen, als er den König treulos erfand und zum Schwerte griff. So ungleich der Kampf war, würde er doch wohl Ormuz unterworfen haben, wenn ihn nicht drei seiner Hauptleute mit ihren Schiffen verlassen hätten. Ein zweiter Zug gegen die Insel, den er im nächsten Jahre unternahm, war nicht glücklicher. Doch schwur er im Weggehen, sich nicht eher den Bart abnehmen zu lassen, bis er Ormuz wiedergewonnen hätte.

Als er bald darauf Generalcapitän wurde, überließ sich sein großer Geist den kühnsten Entwürfen, um die Portugiesen zum herrschenden

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Bolle an den Küsten und in den Gewässern von Indien zu erheben. So viele Hindernisse ihm auch das Mißtrauen des Portugiesischen Hoses, der, um Einen Mann nicht allzumächtig werden zu lassen, in Indien mehrere Statthalterschaften errichten wollte, dann der Neid, die Eifer= sucht und der böse Wille feirer Untergebenen in den Weg legten: feine Klugheit und Standhaftigkeit überwanden Alles. Zunächst war er bedacht, einen bequemen Mittelpunkt für die Herrschaft in Ostindien aus= findig zu machen, und erwählte mit großer Einsicht Goa dazu, dessen Lage auf einer kleinen Insel in der Mitte der Malabarischen Küste sich trefflich eignet, den ganzen Handel derselben zu beherrschen. Die Stadt warb am 28. Februar 1510 eingenommen; aber bald erschien der Be= herrscher derselben, Ismael Adil Schah, von den Portugiesen Hidalchan genannt, ein Vasall des Königs von Decan, an der Spiße eines Heeres von sechzigtausend Mann und belagerte die Portugiesen. Albuquerque mußte die Stadt am 30. Mai wieder räumen und sich auf seine Schiffe begeben, bis ihn die Ankunft von Verstärkungen aus Europa in den Stand fezte, einen abermaligen Angriff zu unternehmen. Am 25. No= vember desselben Jahres eroberte er Goa zum zweiten Male, und traf nun alle Anstalten, um es zu erhalten und zum Hauptsitze zu erheben. Mehr als einmal bewährte sich Albuquerque's Weisheit bei der Wahl dieses Ortes; denn in mancher drohenden Gefahr verdankten die Portu= giesen allein dem Besitz von Goa den Fortbestand ihrer Macht in Indien. Almeida hatte sein Augenmerk hauptsächlich auf die Herrschaft zur See gerichtet; Albuquerque hielt die Behauptung derselben für unmög= lich, wenn sie nicht in wohlbefestigten Besizungen auf dem Lande eine fichere Grundlage hätte.

Im nächsten Jahre (1511) unternahm er einen Zug gegen Mas lacca, den wichtigsten Stapelplatz des Hinterindischen Handels, wo Chinesische und Arabische Kaufleute zusammen trafen. Die Eroberung dieser Stadt, die mit einer zahllosen Menge von Geschüß vertheidigt wurde, Loftete den achthundert Portugiesen, die sie unternahmen, außerordentliche Anstrengung. Zweimal mußte Albuquerque den Angriff von Neuem beginnen, und als er schon in die Stadt eingedrungen war (10. August) wurde noch neun Tage innerhalb derselben gefochten*). Albuquerque sorgte sogleich für die Anlage starker Befestigungen, und traf so weise Einrichtungen zum Schuße des Handels, daß die fremden Schiffe noch zahlreicher nach Malacca firömten als vorher. Jezt ward auch den

*) Barros, Thl. II. S. 196.

mächtigsten Königen Indien's der Portugiesische Name furchtbar; Albu= querque empfing zu Malacca Gesandtschaften aus Siam, Java und Sumatra, deren Beherrscher seine Freundschaft suchten. Ein Theil der Flotte drang bei diesem Anlaß noch weiter vor, und kam bis zu dem Vaterlande der feinsten Gewürze, den Banda-Inseln und den Molukken.

Von Glück und Sieg gekrönt eilte der unermüdliche Mann nach Goa zurück, das er von den Feinden wieder angegriffen und hart bedrängt fand. Mit Hülfe einiger aus Europa angelangter Verstärkungen schlug er die Belagerer und befreite die Hauptstadt. Selbst von Abysst= nien und Ormuz kamen nunmehr Gesandte an den großen Albuquerque; nah und fern schienen die Fürsten mit einander zu wetteifern, sich um die . Freundschaft des Königs von Portugal zu bewerben.

Dennoch unternahm Albuquerque, dem ausdrücklichen Befehle des Königs Emanuel und seinem eignen Gelübde zufolge, im J. 1515 einen Zug gegen Ormuz, dessen König den Tribut, zu dem er sich verpflichtet, doch nur sehr unwillig entrichtete, und den Portugiesen die von Albu= querque einst angelegte Festung nicht einräumen wollte. Albuquerque's schneeweißer Bart war indessen so lang geworden, daß er ihm bis über den Gürtel hinabreichte. Mit siebenundzwanzig Schiffen, die funfzehn= hundert Portugiesen und siebenhundert Indier an Bord hatten, erschien er am 26. März vor Ormuz, zwang den König, ihm die Festung zu überliefern, und sein eigenes Geschütz herzugeben, um sie zu befeßen.

Damit beschloß jedoch der Held die lange Reihe seiner glänzenden Thaten; denn als er nach Goa zurüdsegeln wollte, erhielt er unterwegs von seinem eigenen Könige die Entlassung, auf Grund jener schon oben erwähnten Politik der Herrscher. Und was ihm diesen Schlag noch schmerzlicher machte, war, daß mit dem neuen Oberbefehlshaber zugleich zwei Menschen zur Bekleidung ansehnlicher Stellen ankamen, die er einst zur Strafe ihrer Unthaten als Gefangene nach Portugal geschickt hatte, und die vorzüglich an seinem Sturze Schuld waren. Schon entkräftet von einer gefährlichen Krankheit, empfing er durch diese Nachricht vollends den Todesstoß. Zitternd schrieb er noch auf dem Schiffe an den König: ,,Dies ist der legte Brief, Señor, den ich an Ew. Hoheit in tödtlichen Zuckungen schreibe, nachdem ich so viele mit froherem Herzen an Sie geschrieben habe, so oft es mir gelungen war, Ihnen Dienste zu leisten. Ich habe in diesem Lande einen Sohn, er heißt Blas d'Albuquerque. Ich flehe Ew. Hoheit an, ihn den Lohn für die Dienste seines Vaters ernten zu lassen. Was Indien betrifft, so wird es selbst für sich und mich sprechen." Er wollte Goa gern noch einmal sehen; und er sah es

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vom Verbed aus, dann entschlummerte er, turz bevor sein Schiff in den Hafen einlief (16. Sept. 1515). Durch seine Thaten vorzüglich war der König von Portugal berechtigt, sich,,Herr des Handels von Indien und Aethiopien" zu nennen.

Albuquerque war von schöner Gestalt, seine Züge freundlich und einnehmend, im Zorn aber fein Blick furchtbar. Im Umgang war er munter und angenehm, und sehr reich an wißigen Einfällen. Seine Soldaten betrauerten ihren Vater in ihm, die Bewohner der von ihm bezwungenen Städte verdankten ihm die Einführung einer guten polizeilichen Ordnung und besserer Gesetze, die besiegten Völker rühmten dankbar seine Menschlichkeit und Mäßigung. Doch wird ihm vorgeworfen, daß sein Zorn, der, wenn er gereizt ward, mit großer Heftigkeit ausbrach, ihn zuweilen zu übereilten Todesurtheilen und Grausamkeiten verleitet habe. Viele Jahre nach seinem Tode wünschte man, seine Gebeine in Lissabon zu haben; aber die Einwohner von Goa konnten nur erst nach langem Streit durch einen päpstlichen Befehl bewogen werden, diesen theuern Ueberrest ihres großen Statthalters herauszugeben, dessen Schatten sie bei den Bedrückungen, die sie von seinen Nachfolgern erfuhren, oft mit Wehmuth anriefen.

Nach Albuquerque's Tode wurden die Entdeckungen und Eroberungen noch weiter ausgedehnt. Die Portugiesen machten sich zu Herren der Molukken, errichteten Niederlaffungen auf Ceylon und der Küste Coromandel, und Factoreien auf den Sundischen Inseln; 1535 erober= ten sie das wichtige Diu; 1542 kamen sie nach Japan, und knüpften dort, so wie später auch in China, einen einträglichen Handelsverkehr an. Dennoch muß die Verwaltung Albuquerque's als die schönste Blü= the der Portugiesischen Herrschaft in Indien betrachtet werden. Von den Befehlshabern, die ihm folgten, waren die meisten nicht im Stande, ihn zu ersetzen; ihre Führung diente nur dazu, den Verlust dieses außer= ordentlichen Mannes recht fühlbar zu machen. Noch gaben zwar die Portugiesen Proben großen Heldenmuthes; die einheimischen Fürsten, die es versuchten, wider sie aufzustehen, fühlten ihren tapfern Arm. Allein die Begeisterung der ersten Zeit, die so bewundernswürdige Thaten vollbracht, erlosch allmählig, und machte niederen Leidenschaften Platz. An die Stelle des alten Heldeneifers trat bald ein höchst verderb= licher Kaufmannsgeist. Je leichter es war, große Reichthümer zu erwer= ben, je mehr stieg die Habsucht; erschlaffende Weichlichkeit und Ueppigkeit nahmen überhand; in der Verwaltung wurden grobe Mißbräuche herrschend, die wichtigsten Aemter nach Reichthum, Gunst und Familien

verbindungen vergeben *). Auch die große Ausdehnung der Küsten, an denen sich diese Besizungen befanden, machte die Aufsicht schwierig; Eigennutz und Willkür konnten um so ungestörter sich geltend machen. So bereitete sich schon früh im Innern der Portugiesisch - Indischen Herrschaft ein Verderben vor, wodurch es den späterhin von außen her ge= führten Stößen erleichtert wurde, sie umzustürzen, und bis auf wenige Trümmer ihrer ursprünglichen Größe zu zerstören.

13. Entdeckung von Neuspanien. Erste Erfolge des Cortez. (1517-1519.)

Wir kehren jezt wieder zu den Spaniern in Amerika zurück. Cuba, das unter der klugen Verwaltung seines Eroberers, des Diego Velasquez, einer großen Blüthe genoß, und daher die Mittel zu neuen Unterneh= mungen leicht hergeben konnte, schien für solche auch ein vorzüglicher Ausgangspunkt zu sein; denn von allen Spanischen Besitzungen erstreckte es sich am weitesten nach Westen hin, und schon Columbus hatte behaup= tet, ein weiteres Vordringen nach dieser Weltgegend würde noch zu viel wichtigeren Entdeckungen als alle bisherigen führen. Der von einer so wichtigen Autorität empfohlenen Richtung folgend, entdeckte Hernandez de Cordova 1517 die Halbinsel Yucatan, und fand zu seinem Erstaunen die dortigen Eingebornen in baumwollene Gewänder gekleidet, überhaupt in einem ganz anderen Zustande als die Wilden der Inseln. Sie waren überdieß so kriegerisch, daß sie bei einer Landung, welche die Spanier machten, um frisches Wasser einzunehmen, zwei und funfzig derselben erschlugen. Selbst mit gefährlichen Wunden bedeckt, blieb dem Cordova nichts Anderes übrig, als nach Cuba zurückzusegeln, wo er wenige Tage nach seiner Ankunft starb.

Aber dieses Mißgeschick schreckte so wenig, es reizte vielmehr die gewonnene Kunde so sehr, daß man sich dazu drängte, an einer neuen Ausrüstung, die Velasquez betrieb, Theil zu nehmen. Führer derselben war Johann von Grijalva. Er verließ Cuba im Frühling 1518, lan= dete an dem Orte, wo Cordova jene Niederlage erlitten hatte, um die Indianer dafür zu züchtigen, und schlug sie, aber nicht ohne tapfern Wi

*) Saalfeld, Geschichte des Portugiesischen Colonialwefens in Ostindien, S. 264.

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