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aber von Anbau wiederum keine Spur. Die Bewohner, deren Häuser auf eine etwas fortgeschrittenere Bildung, als man in den kleineren Infeln gefunden hatte, deuteten, flohen scheu in die Wälder. Mehr als fünf Wochen brachte Columbus mit Forschungen an den Küsten von Cuba zu, ohne von seinem Irrthume, daß es festes Land sei, zurückzukommen. Vergebens spähte er nach den Reichthümern Indien's; er ent= schloß sich endlich, wieder in das Meer hineinzusteuern, und nahm seinen Lauf nach Südost. So kam er am 6. December nach Hahti, das er we= gen der Aehnlichkeit, die er zwischen den dortigen Gegenden und den Ca= stilischen fand, die Spanische Insel nannte - Isla Espanola, woraus durch Mißverständniß der Name Hispaniola entstand. Es ist dieselbe Insel, die späterhin gewöhnlich Sanct Domingo genannt wurde, und in unseren Tagen auch wieder ihren ursprünglichen Namen führt.

Auch hier fand er die gleiche Schönheit der Landschaften, die gleiche Fruchtbarkeit des Bodens, und die gleiche gutmüthige und schwache Menschenart. Die Thäler schienen an mehreren Orten angebaut zu sein. Die Insulaner standen unter Oberhäuptern, Kaziken genannt. Einer der mächtigsten derselben, Namens Guacanagari, erwies sich gegen die Spanier äußerst gutmüthig und dienstfertig, und suchte ihnen so viel Gold zu verschaffen, als er vermochte. Von ihm erfuhren sie, daß zuweilen Feinde von den benachbarten Inseln (den nachher entdeckten Caraibi= schen) herüberkämen, sein Volk feindlich anfielen, und Viele fortschleppten, die sie zu Hause schlachteten und verzehrten. Columbus, der schon vorher Willens gewesen war, hier eine Niederlassung zu begründen, deutete dem Kaziken an, er wolle in seinem Gebiete eine kleine Festung bauen, und darin einen Theil seiner Spanier ihm zum Schuße zurücklassen. Die Wilden begriffen seine Meinung, freuten sich höchlich, und leisteten den Spanischen Zimmerern förderlichen Beistand. Was sie an Goldblechen hatten, gaben sie freudig für Glaskorallen, Schellen und ähnliche Kleinigkeiten hin, und auf Befragen zeigten sie nach Süden, als dem rechten Goldlande.

Columbus war indeß in einer Verfassung, die ihm keine weiteren Entdeckungsreisen erlaubte; denn mit dem einen seiner Schiffe, der Pinta, hatte sich der Befehlshaber desselben, Martin Alonzo Pinzon, schon als fie noch bei Cuba verweilten, heimlich entfernt, um das Goldland für sich aufzusuchen; und das Hauptschiff, die Santa Maria, scheiterte in. der Nacht vom 24. zum 25. December unrettbar auf einer Sandbank. So blieb unserm Helden nur noch ein Schiff, die Nina, grade das kleinste und noch dazu der schlechteste Segler, übrig. Mit diesem entschloß

Hayti. Columbus' Rückkehr.

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er sich, nach Spanien zurückzureisen, ehe vielleicht Pinzon ihm dort zuvorfäme. Er ließ in seinem neuerbauten Fort, welches er Navidad nannte, neun und dreißig Spanier zurück, gab ihnen weise Verhaltungsbefehle, ermahnte sie zu einem freundlichen Betragen gegen die Indianer, und stach am 4. Januar 1493 mit seinen übrigen Gefährten und einigen mitgenommenen Eingebornen in die See.

Am dritten Tage nach der Abfahrt, als er sich noch an der Küste von Hispaniola befand, traf er mit dem treulofen Pinzon zusammen, der zwar nichts entdeckt, aber an andern Küsten von Hispaniola durch Tauschhandel eine beträchtliche Menge Goldes zusammengebracht hatte. Columbus hütete sich, diesem Manne, der bei der Mannschaft im größten Ansehn stand, das Pflichtwidrige und Treulose feines Betragens vorzuhalten, und stellte sich, als ob er seinen elenden Ausflüchten Glauben beimesse.

Ein fürchterlicher Sturm drohte bald darauf den kühnen Seglern den Untergang. Columbus schrieb 'eilig eine Nachricht von seinen Ent= deckungen auf Bergament, steckte dies sorgfältig verwahrt in eine Tonne, und warf diese in's Meer. Aber sein gutes Schicksal wollte ihm selbst die Freude gönnen, der Herold seiner kühnen That zu sein. Der Himmel ward wieder heiter, und am 15. Februar entdeckte das Schiff des Columbus Land. Es war St. Maria, eine der Azoren. Hier erwartete ihn ein Vorspiel der Drangsale und Kränkungen, die in der Folge der Lehn seiner großen Entdeckung wurden. Der Portugiesische Befehlsha= ber wollte ihn, nach einem schon früher erhaltenen Befehle seines Hoses, gefangen nehmen. Doch konnte er sein Vorhaben nicht ausführen, und Columbus segelte weiter. Auf der letzten Fahrt trieb ihn ein neuer Eturm in den Tajostrom (4. März) und hier erhielt er die Aufforderung, sich an das Hoflager, welches damals zu Valparaiso war, zu begeben. König Johann II. wollte ihn selber sprechen, und bereute es nun sehr, dem kühnen Manne nicht Gehör gegeben zu haben. Die Portugiesen betrachteten dies Glück der Spanier mit finstrem und bittrem Neide, und einige Hofleute gaben dem Könige sogar den niederträchtigen Rath, den großen Entdecker ermorden zu lassen, den indeß Johann mit Verach= tung von sich wies.

Als nun aber Columbus am 15. März in den Hafen von Palos einlief, mit welchem Jubelgeschrei wurde er da von der gaffenden Menge empfangen, die ihn vor sieben Monaten an eben der Stelle hatte ab= fahren sehen! Man läutete die Glocken, feuerte die Kanonen ab, und erdrückte ihn beinahe, als er, ein frommer Christ, mit den Seinen in

Procession nach der Hauptkirche ging. Der Hof hielt sich damals in Barcelona auf, Columbus durchzog daher Spanien der Länge nach, wie im Triumphe, und in Barcelona selbst ward ihm einen feierlichen Einzug zu halten erlaubt, bei dem Staunen, Freude und allgemeine Theilnahme den höchsten Grad erreichten. Er stattete feierlich vor dem Throne an Ferdinand und Isabellen, die ihn in ihrer ganzen königlichen Pracht wie einen Mann vom höchsten Range empfingen, Bericht von seiner Reise ab, und ward mit Ehren und Lobsprüchen überhäuft. Ein solches Entzücken, eine solche Begeisterung und Andacht durchdrang die Ver= sammlung, daß ein Berichterstatter sagt, es habe geschienen, als ob fie in dieser Stunde der Freuden der Seligen theilhaftig gewesen. Es war der große Glanz- und Lichtpunkt in dem Leben des Columbus, der selbst den Neid verstummen machte.

Das Gerücht von einer neuentdeckten Welt flog nun, tausendfältig ́ vergrößert, durch ganz Europa, und erfüllte besonders die Gelehrten mit Bewunderung und Entzücken. Den lebhaftesten Antheil erregte es jedoch in Spanien selbst. In kurzer Zeit hatten sich gegen funfzehn= hundert Menschen zusammengefunden, die an dem zweiten Zuge, (der nun in das eigentliche Goldland gehen sollte) Theil nehmen wollten. Die Regierung rüstete ihnen siebzehn Schiffe aus, sandte Handwerker und Bergleute mit, und Columbus sorgte für Europäische Thiere und Ge= wächse, an deren gedeihlicher Ausbreitung auf jenen fruchtbaren Inseln er nicht zweifelte.

Vor allen Dingen holte man aber erst die Einwilligung des Papstes ein, der auch nicht ermangelte, alle neu zu entdeckender Länder der Krone von Castilien zu schenken, nur, daß er zu Gunsten Portugal's diese Schenkungen auf die Länder jenseits einer Mittagslinie beschränkte, die er hundert Seemeilen westlich von den Azcrischen und Capverdischen Inseln durch die Pole zog. Was diesseits gefunden würde, sollte den Portugiesen gehören. Da diese aber mit der Entscheidung unzufrieden waren, so kam es nach einiger Zeit (7. Juni 1494) zu einem Vertrage, welchem zufolge die Theilungslinie dreihundert und siebzig Meilen westlich von jenen Inseln gezogen ward. Dadurch blieb Brasilien in der Folge ein Eigenthum Portugal's.

Columbus' Rückkehr und Zweite Reise.

6. Columbus' zweite Reise.

(1493-1496.)

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Inzwischen lief die neue Flotte, diesmal aus der Bai von Cadix, aus (25. September 1493) und nahm einen mehr südlichen Lauf. So fand Columbus am 3. November die erste der Caraibischen Inseln, die er Dominica nannte; dann Mariegalante, Guadeloupe, Antigua, Porto= rico u. s. w.; und auf allen eine feindselige Menschenart und häufige Spuren jener furchtbaren Barbarei, Feinde zu schlachten und ihr Fleisch zu essen.

Die Sorge für seine zurückgelassene Colonie trieb ihn hierauf nach Hispaniola, wo er den 22. November ankam, aber zu seinem großen Echrecken weder Colonie noch Fort fand. Es hatten die zurückgelasse= nen Spanier, wie er nur den Rücken gewandt, alle von ihm dringend eingeschärften Vorschriften und Vorsichtsmaaßregeln verachtet, die Indianer durch Habsucht, Raub und Verführung ihrer Weiber und Töch= ter beleidigt, und sich ihrer groben Leidenschaften wegen unter einander selbst entzweit. Aber auch ihrer eigenen Sicherheit gedachten sie nicht; sie unternahmen vereinzelte Streifzüge, auf denen sie in das Gebiet eines Häuptlings in der Mitte der Insel einfielen, der, von Geburt ein Caraibe, nicht die friedliche und furchtsame Natur der übrigen Insulaner hatte. Entschlossen, sich zu rächen, hatte er die Festung überfallen und zerstört; die darin befindlichen Spanier waren theils bei der Vertheidigung erschlagen worden, theils auf der Flucht umgekommen.

Es ward hierauf an einem bequemern Orte eine Niederlassung be= gründet, die Columbus seiner Königin zu Ehren Isabella nannte, die erste Stadt in der neuen Welt; ein entzückendes Gefühl für den Urheber dieser großen Begebenheit, das ihm aber durch eine Kette von Unan= nehmlichkeiten, die ihm seine unzufriedenen Begleiter bereiteten, sehr verbittert wurde. Denn wer von ihnen war darum nach Indien gereist, um den Acker zu bauen, wilde Gegenden urbar zu machen, und an allen Bequemlichkeiten gesitteterer Länder Mangel zu leiden? Hätte man durch mühselige Arbeit reich werden wollen, das hätte man in Europa auch gekonnt. Zwar wurde auf Hispaniola häufig Goldsand gefunden; aber wie mühsam war dieser zu suchen, und wie wenig ergiebig das Ge= schäft! Die goldnen Träume, um welcher willen die Meisten den Ent= decker begleitet hatten, waren verschwunden und hatten in ihren Seelen Dean bittersten Unmuthe über getäuschte Erwartungen Plaß gemacht.

Columbus wurde, schon als ein Fremder, der so vielen Spaniern zu gebieten habe, mit Neid und Eifersucht betrachtet; und die Strenge, womit er nothgedrungen zur Thätigkeit anhalten mußte, und wobei er selbst die Ritter und Adeligen nicht schonen konnte, erhöhte die Abneigung wider ihn. Als nun auch verderbliche Krankheiten, erzeugt durch das feucht= heiße Klima und die Ausschweifungen, denen sich die Spanier überließen, herrschend wurden, nahmen Unzufriedenheit und Muthlosigkeit völlig überhand.

Columbus ging indeß auf eine neue Entdeckungsreise aus, um das wahre Vaterland des Goldes und das noch immer nah geglaubte Indien zu suchen. Er segelte an der Südküste von Cuba hin, entdeckte Jamaica, kehrte dann wieder nach Cuba zurück, und nahm seinen Lauf weiter nach Westen, in der festen Ueberzeugung, an einem mit Hinterindien zusammenhängenden Lande hinzusegeln. Aber dieses ersehnte Ziel, dem er so nahe zu sein wähnte, jetzt zu erreichen, mußte er des schlechten Zustandes der Schiffe wegen, die auf der mühseligen und gefahrvollen Reise viel gelitten hatten, aufgeben, und sich entschließen, umzukehren. Als er, von einer schweren Krankheit befallen, nach Hispaniola zurückkam, traf er zwar zu seinem großen Troste seinen indeß nach der neuen Welt gekommenen Bruder Bartholomäus, von dem er so lange getrennt gewesen, aber den Pflanzert, durch den abermaligen Ungehorsam eines großen Theils der Zurückgelassenen, in einem Zustande großer Gefahr. Die Indianer waren in seiner Abwesenheit so unmenschlich behandelt worden, daß sie, zum Widerstande gegen ihre Unterdrücker ermuthigt, schon an einzelnen Spaniern Rache genommen hatten und zur gänzlichen Ausrottung und Vertreibung derselben entschlossen waren. Mit Aus= nahme des in seinen freundlichen Gesinnungen beharrenden Guacanagari standen die übrigen Häuptlinge der Insel in einem zu diesem Zwecke errichteten Bunde. Columbus mußte nunmehr selbst zu den Waffen grei= fen. Mit zweihundert zu Fuß und zwanzig Reitern zog er (März 1495) gegen das aus vielen Tausenden bestehende Heer der Indianer aus. Aber der Donner der Schießzewehre und eine Anzahl gewaltiger Hunde, die auf die nackten Menschen gehezt wurden und viele derselben zerfleischten, belehrten sie bald, daß die Gewalt der weißen Männer eben so groß sei als ihre Hab- und Unterdrückungssucht. Mit dem leichten Siege war die Unterwerfung der Wilden vollendet. Sie wurden nunmehr zur Ablieferung eines Zinses an Gold und Baumwolle ange= balten, deren Aufsuchung die jeder Arbeit Ungewohnten zu den unglüc= lichsten aller Sklaven machte.

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